Kältetod – "Reue"

Eternity Records/ VÖ: 22. Sept. 2010

Nach vielen Demos, Splits, EPs und weiteren Alben seit 2003 hat das deutsche BM-Projekt „Kältetod“ um Mastermind R. in 2010 gleich zwei Alben veröffentlicht, die Vinyl „Talpfade“ und die CD „Reue“. Zum Reviewen liegt das 44-minütige Werk „Reue“ vor.

Mit psychedelisch anmutenden Synthesizer-Harmonien beginnt das Intro „Vor entflammten Erinnerungen“, bevor (in leider ganz übler Klangqualität) mit „Zermürbt durch Reue“ ein wuchtiges Black-Metal-Brett hereinbricht. Sofort erinnert mich das Schlagzeug an Shining. Ich hoffe, dass, sobald die Vocals einsetzen, der Stil ein anderer sein wird als bei eben genannter Band. Und ja, das ist er. Zwar handelt es sich auch hier um verzweifeltes Schrei-Growling, aber es hat etwas Herbes, was andere Bands nicht haben, weder BM- noch Suicidal-Bands (außer vielleicht „Ekove Efrits“). Der Gesang klingt einfach über alle Maßen bitter, man kann eisige Kälte in den Adern fühlen. Da war einst ganz viel Gefühl, welches nun zu einem Manifest dessen erstarrt ist, was aus Enttäuschung werden kann und worin es gipfelt, nämlich in großer Leere.
Man hört die Growlstimme nur im Hintergrund. Ich denke mal, wenn sie deutlich in den Vordergrund gemixt wäre, wäre das gesamte Album viel brachialer, denn das Geschrei würde sich dann sicher tief ins Herz bohren. So aber ist es,  als wenn der Herr, der sich hinter diesem Projekt verbirgt, niemanden wirklich nah an sich heranlassen will und man als Hörer die Qual, die den Komponisten treibt, nur aus der Ferne erahnen darf. Diese wäre vielleicht in voller Lautstärke eine gewaltige Wucht, insofern kann man durch die lauten, schwer zu durchdringenden, tosenden Gitarrenwände, die eine Abgrenzung hierzu bilden, ein wenig Abstand davon gewinnen, wenn nicht sogar so viel Abstand, dass einem das Ganze völlig befremdlich vorkommt. Auch sind die Texte nicht im Digi abgedruckt, man kann also nur aufgrund der Songtitel mutmaßen, worum es lyrisch geht. Aber natürlich ist eine Wortwahl wie „Zermürbt durch Reue“ so aussagekräftig und in sich selbst so traurig, dass man es vielleicht als Gnade empfinden könnte, die Lyrics nicht lesen zu müssen (oder der Texter traut sowieso niemandem zu, seine Gedanken zu verstehen).

Während die ersten drei Tracks durch vertonte Kälte Unbehagen aufbauen, wird man in „Das Lächeln der Verwesung“ plötzlich sehr melancholisch mitgerissen. Die Melodie ist eigen und tragend, der ein oder andere Hörer wird sicher auf einer Welle des Mit-Leidens schwimmen. „In die Glut der Weltenseele“ wirkt hingegen stürmischer und entschlossen, während im letzten Lied „Grau und grau“ noch einmal alles aufgefahren wird, was an Emotion möglich ist. Erstmals ist auch die Growlstimme lauter zu hören, die sich hier beinahe überschlägt. Es wird zum Schluss hin recht melodisch und melancholisch. Dieser letzte „Aufschrei“ kann durchaus als ein Finale bezeichnet werden, welches noch einmal zu überraschen weiß.

Dieses Album ist sicherlich nur was für Fans vom Garagensound der ersten Stunde, oder aber für Fans, die selbst so morbide und vielleicht so masochistisch sind, dass sie dieser Mischung aus üblem Sound und depressivem Gedankengut des Komponisten etwas abgewinnen können.  Lobend sei (neben der wunderbaren Gestaltung des Digis) aber erwähnt, dass dem Bandnamen „Kältetod“ alle Ehre gemacht wird. Ein gefühlter Todeshauch und ganz viel emotionale Kälte gibt es auf „Reue“ in jedem Fall. Ob die Reue auch eintritt, weil man sich das Album gekauft hat und sich doch nicht hineinfinden kann, wird jeder für sich selbst erleben. 

Anspieltipp: "Grau in grau"                                                                      Punkte: 5,5 von 10

Review von Twilightheart

 

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