Kampfar – "Mare"

Napalm Records/ VÖ: 25. März 2011

Seit dem 25.März 2011 ist Kampfars neues Album “Mare” erhältlich. Mare ist ein Wortspiel;  in zwei verschiedenen Sprachen enthält es den Wortstamm des Wortes „Albtraum“. 
Ich bin verwirrt, als ich das Album in meinem Briefkasten finde, denn erstmals gibt es auf dem Cover keinerlei Grün, geschweige denn Berge, verschneite Landschaften oder ähnliches. Natürlich habe ich läuten hören, dass Kampfar ihrem Stil eine etwas neue Richtung gegeben haben, aber ich hatte gehofft, dass es nicht allzu krass werden würde.
Das Cover von „Mare“ mit seiner Fotomontage aus kaltem Hintergrund und den Menschen unter den roten Tüchern bereitet mir beim Anblick Unbehagen. Aber gut, das würde gefühlsmäßig natürlich zum Thema „Albtraum“ passen. Auch der Blick von Frontmann Dolk auf dem Bandfoto in der Mitte des Booklets löst Befremden in mir aus, denn so bedrohlich kenne ich ihn nicht. 

Gleich der erste Song ist der Titeltrack und einer von zweien in englischer Sprache. In einfachen, aber prägnanten Worten wird das Hauptthema vorgestellt. Komplizierte Lyrics hätte dieser Song auch gar nicht vertragen, ist die Musik doch so komplex, dass sie die ganze Aufmerksamkeit des Hörers beansprucht. Das Wort „Mare“ wird herausgeschrieen und sofort wird man von einem dunklen Sound umgeben, den man von Kampfar nicht gewohnt ist. Durch die sehr gute Aufnahmequalität des Albums kommen die sehr tief gestimmten Gitarren und noch tieferen Basslinien besonders gut heraus, das Schlagzeug ist hierbei noch das am wenigsten ungestüme Instrumente. Im übrigen ist selbiges sehr sauber gespielt, und zumindest im Titelsong überrascht es mit fast melodieartigen Tonfolgen. Die tieftönenden, gewaltigen Gitarrenwände dominieren diesen Song und man ist, wenn man alle Kampfar-Alben kennt, wirklich perplex ob dieses düsteren Stils. Es kommt zwar unglaublich brachial rüber, aber man muss sich wirklich erst mal dran gewöhnen. Ganz schön harter Tobak!

Ab dann geht es zum Glück wieder in norwegischer Sprache weiter. Sie klingt so gut, es wäre wirklich zu schade gewesen, wenn der Großteil des Albums nicht in ihr verfasst wäre. Der Song „Ildstemmer“ beginnt melodisch und wird dann genauso rasant wie sein Vorgänger. Jetzt kommt auch der Kampfar-Stil der alten Tage wieder durch, der zwar vorwärtsdrängend und vielleicht auch etwas aggressiv ist, aber nicht ganz so dunkel. Letzteres ist aber in „Ildstemmer“ immer noch zum Teil vorhanden, zumindest in der Art, wie tief die Instrumente gestimmt sind und wie schwer und schleppend manche der eingeworfenen Harmonien sind. Trotzdem bin ich froh, dass ich im Hintergrund kurzzeitig Klargesang von mehreren Stimmen als Untermalung höre, wenn auch nur sehr kurz.

„Huldreland“ ist ein sehr abwechslungsreicher Song mit vielen kleinen Extras. Sehr melodisch, eine Mischung aller Facetten Kampfars. Manch Thema scheint mir aus alten Songs aufgegriffen, dann wieder mischt sich etwas anderes unter, was dem Song eine sehr eigene Note gibt. Eine tiefe Sprechstimme wird im Hintergrund als Sample eingespielt, der restliche Gesang von Dolk wirkt zwar kraftvoll, aber auch etwas gehetzt. Huldren sind weibliche Wesen der skandinavischen Mythologie, die, halb Tier halb Mensch, Wanderer vom Weg abbringen oder Fischer ins falsche Gewässer zu locken. Sich in ihr Reich zu begeben, bedeutet also nichts Gutes. 

„Bergtatt“ ist von Stil her geradliniger, weniger abwechslungsreich als der Vorgängersong, enthält aber einige Elemente des selben. Die schnellen Gitarrenlinien übermannen einen und Dolks Growling ist kämpferisch und selbstbewusst. 
In „Trolldomspakt“ wird es wieder düsterer, aber auch geheimnisvoll. Der Takt ist tragend und nicht allzu forsch, lediglich das Schlagzeug sorgt für fortschreitendes Kanonenfeuer. Der Gesang ist akzentuiert und ausladend. Unter die Gitarren mischen sich Synthesizerfragmente, die der Hintergrundgestaltung einen leicht sinfonischen Touch geben. Nach dem Titelsong sicher einer der dunkelsten Lieder des Albums!

„Volvevers“ ist eigenartig. Hier singt Schlagzeuger Ask, insofern ist es nicht verwunderlich, dass mir die Stimme ungewohnt vorkommt. Sie ist mir außerdem ein wenig zu kratzig. Ist schon besser, dass Dolk auf dem Rest des Albums singt (außer bei der ersten Strophe von "Altergang", die ebenfalls der Schlagzeuger singt). Auch geht die Grundmelodie von Volvevers nicht gerade runter wie Öl. Musikalisch sind einige Riffs für meinen Geschmack etwas sperrig. Doch da der Song sehr kurz ist, fällt all dies nicht zu sehr ins Gewicht.
„Blitzwitch“ (wie kann man den Klang dieses Songtitels nicht lieben!?) beginnt wuchtig. Obwohl hier vom Schlagzeug einige raffinierte Ideen zu hören sind, gefällt mir hier der Gesang noch am besten, obwohl er auf englisch ist (neben dem Titelsong der einzige Track in dieser Sprache). Das Growling ist zwar recht einfach, aber effektvoll, live auf der Bühne wird Dolk hierzu mit Sicherheit voll aus sich rausgehen können. Tieftönende, mit Echo unterlegte Sprechsamples sind auch hier wieder als Effekt eingebaut. 
„Nattgang“ weist nicht allzu viel Besonderes auf, der Song fügt sich aalglatt ins restliche Konzept des Albums ein. Lediglich ein paar ausschweifende Bridges mit garstigen Sprechsamples, vielen massiven Gitarrenriffs und besonders sauberem Drumming stechen besonders hervor. 

„Altergang“ ist der finale Song des Albums. Beinahe meint man bei den Eröffnungstönen, jetzt kommt mal eine richtig schöne, schwermütige Ballade. Aber nein, die reinen Keyboardklänge waren eine Täuschung. „Altergang“ ist sehr schnell, reißend und überraschend, denn einige Elemente sind sehr thrashig. Folkige Elemente sind Fehlanzeige, genau wie in den anderen Tracks, in denen höchsten die Texte manchmal einen paganen Touch haben. 

Als Zugabe gibt es auf dem Digipak den Song "Bergtatt" noch mal in einer anderen Tonart. Hm, na ja, ich persönlich hätte das jetzt nicht unbedingt gebraucht. Aber gut, was soll's...

„Mare“ ist zwar ein gewaltiges Werk, die unglaublich gute Aufnahmequalität  sei noch mal besonders betont (laut gedreht hauen die Bässe richtig bösartig tief wummernd rein), aber die neue Richtung, die Kampfar hier gehen, ist gewöhnungsbedürftig. Wenn die Band das Bedürfnis hat, ein solches Album zu machen, sei es ihnen natürlich gegönnt, ich hoffe nur, dass ich persönlich mich daran gewöhnen werde. Mit fehlt einfach der ein- oder andere folkig anmutende Schnörkel in den Refrains wie auf den alten Alben. Klar, Kampfar sind offiziell Black Metal, aber ein wenig Naturverbundenheit kam trotzdem auf ihren Alben immer durch. Das unterschwellig Bedrohliche des neuen Albums würde mir in einem anderen Kontext sicher mehr als zusagen, aber ich habe Schwierigkeiten, es mit Kampfar in Verbindung zu bringen. Doch für diese persönliche Einstellung soll es keinen Punktabzug geben. Schließlich ist das Songwriting bis auf Ausnahmen exzellent, die Umsetzung ist perfekt (Wen wundert’s? Schließlich hat Peter Tägtgren Hand angelegt!) und dass die spielerischen und gesanglichen Fähigkeiten der Band außer Frage stehen, versteht sich von selbst. Fazit: „Mare“ ist vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber auch außergewöhnlich und haut mit seiner Intensität und Brachialität vom ersten Moment an unglaublich rein. Exzellent!

Anspieltipp: "Mare"                                                                            Punkte: 9,5 von 10

Review von Twilightheart

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