Kratein – "Trauma"
Folter Records - VÖ: 6. Februar 2010
Kratein – noch nie gehört, könnte man sagen. Es handelt sich um einen Zusammenschluss von Mitgliedern verschiedener deutscher Black-Metal-Bands, von denen zumindest eine als DER Underground-Tipp gilt. Insofern sind meine Erwartungen an dieses Album sehr hoch gesteckt. Fragmente
von Radio- oder TV-Sendungen über traumatische Ereignisse der neueren
Menschheitsgeschichte, gemischt mit einigen Kommentaren, die auf sarkastische
Weise die Widersprüche im Verhalten von uns Menschen verdeutlichen, eröffnen
das Album. Dazu gibt es einige rudimentäre Klänge, die langsam in Musik übergehen
und sich dann zum zweiten Track des Albums formieren, der im BM-Stil auf sehr
vorwurfsvolle Weise über den Hörer hereinbricht. Während die Growlstimme von
Sänger Metus garstig und abweisend klingt, sind von den zwei Gitarren eingängige
Riffs und Melodien zu hören, die an manchen Stellen fast beruhigend wirken,
aber zumeist doch eher leicht melancholisch, vor allem aber verhelfen sie dazu,
in dem Song eine gewisse Frustration aufzubauen, zu der nur durch die hämmernden
Drums und den meist tieftönenden Bass ein Kontrast aufgebaut wird. Die Atmosphäre
des Songs wird durch Effekte (Stimmeinspielungen, Samples) noch unterstrichen.
Vor allem eine klagende Zweitstimme im Hintergrund macht alles noch
interessanter. Song IV beginnt mit abstrakten Geräuschen, denen man im weitesten Sinne das Geräusch tropfenden Wassers zuordnen kann, wenn auch verfremdet. Es geht sodann in einen wunderschönen akustischen Gitarrenpart über, der allerdings nach kurzer Zeit schon befremdenden Soundeffekten weichen muss und vom Stil her zum Albumtitel „Trauma“ passt. Eigenartige Gefühlswelten wird man durchschreiten, wenn man sich auf diesen Song einlässt. Meeresrauschen und Möwengeschrei lullen einen im Endteil des Songs ein und eine Sprechstimme rundet das Werk mit ein paar tröstenden Worten ab, bevor es in die V übergeht. Diese ist etwas abstrakter und geht mehr in die Ambient-Richtung. Vom Schlagzeug bekommt man ein paar eigenwillige Töne zu hören, die Gitarrenlinien sind friedlich-lauernd und dazu gesprochene Worte, die wie Stimmen in den Gedanken eines Menschen wirken. All das wird durch eigenständige Gitarrenlinien, meist im Niedertempo-Bereich, vervollständigt. Die VI ist das furiose Finale des Albums. In rasendem Tempo werden alle Elemente der vergangenen Songs zusammengefasst und explodieren förmlich in dem Erguss aus schweren Gitarrenwänden, ganz tiefen Basslinien und akzentuiertem Drumming. Das Gekreische des Vokalisten ist hier fast nur Beiwerk und geht in der gewaltigen Soundkulisse beinahe unter. Ein paar langsamere, sehr angenehm klingende Gitarrenmelodien bilden die Bridges in diesem Song, der die Vorgänger in seinem Abwechslungsreichtum noch toppen kann. Die
Gesamtspielzeit von 35:16 Minuten täuscht etwas. Hier würde wohl der Spruch
„In der Kürze liegt die Würze“ zutreffen. Trauma ist keines dieser
langgezogenen Odysseen, die manche Suicidal-Alben auszeichnen, sondern ein
kompaktes, unglaublich abwechslungsreiches Werk voller neuer, eigener Ideen und
überraschender Klangeffekte, gepaart mit einer ordentlichen Portion harter
Gitarren und weiteren BM-Elementen. Zwar ist das Spielerische nicht an allen
Stellen immer einwandfrei, und der Sound hat ab und an Makel, aber auf diesem
Album stört das ausnahmsweise nicht, denn das grandiose Songwriting ist so überragend
und hält den Hörer dermaßen gefangen, dass all die kleinen Ecken und Kanten
entweder nicht auffallen oder sich charmant in die Klangkulisse einfügen. Anspieltipp: "IV" Punkte: 9 von 10 Review von Twilightheart
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