Melencolia Estatica – "HËL"
Temple of Torturous - VÖ: 12.Nov.2012
Die italienischen Black Metaller (nein, beim Wort „italienisch“ nicht gleich zurückscrollen, hier gibt’s mal wirklich was Außergewöhnliches zu hören!) von Melencolia Estatica haben ihr 3. Album „HËL” herausgebracht. Climaxia, eine Künstlerin an vielen Instrumenten, lebt sich hier mit Gastmusikern aus und hat auf diesem bereits gestalterisch trist, aber auch futuristisch gehaltenen Album Soundwelten komponiert, die zwar (mangels Optionen) als atmosphärischer Black Metal kategorisiert sind, aber bei weitem mehr sind als das. Atmosphäre: ja, definitiv, Black Metal: in Teilen, aber nicht hundertprozentig. Doch von vorne. Die ersten Momente des Albums suggerieren eine gewaltige Black-Metal-Wucht mit gigantischen, tief-böse grummelnden Gitarrenwänden und eifrigem Drumming, welchem man übrigens sehr schön anhört, dass da nichts getriggert ist... ursprünglicher Sound... herrlich. Doch nach und nach schleichen sich immer mehr melodische Spuren ein, viel Synthesizer-Sound, und das durchweg tiefe Growling ist von den Gesangslinien her sehr melodisch und angenehm, wenngleich auch recht depressiv. Das ganze vermischt sich mit entfremdet-luziferisch klingenden Samples im Hintergrund (Hall, verzerrte Worte, psychedelische Gesangsfetzen einer lieblichen Frauenstimme, gespenstische Sprachexzerpte einer Männerstimme...). Die Geräuschkulisse steigert sich immer mehr, bis es ein einlullender Brei aus befremdlichen und gleichzeitig unterhaltsamen Samples ist, die nun fast vollständig in den Vordergrund gerückt sind. Urplötzlich findet das ganze aber dann zum Anfangsthema zurück, nur dass die mysteriösen Klang- und Wortfetzen nun im Hintergrund erhalten bleiben. Man ist hin- und hergerissen, ob dies nun passender Soundtrack zu einem kitschigen Geisterfilm sein könnte, oder der total abgefahrene Avantgarde-BM-Bastard schlechthin. Man weiß es einfach nicht. Die nachfolgenden Tracks sind zwar in sich immer etwas anders, in jedem Song sind Grundharmonien und Instrumentenlinien unterschiedlich, aber das Grundkonzept bleibt gleichermaßen verwirrend und unterhaltend zugleich. Langeweile kommt nicht auf, das steht fest, dafür sorgen allein schon die Samples, die mit immer neuen, gruseligen Geräuschvarianten und Ideen aufwarten. Aber man fragt sich unweigerlich, was diese Klangkulisse am Ende darstellen soll. Mal hat man das Gefühl, im Abgrund des tiefsten, schwärzesten Black-Metal-Vulkans überhaupt zu sein, den Gluten schutzlos ausgeliefert, dann wieder verformt sich die Komposition zu einem avantgardistischen Gebilde aus Sound und Gefühl, das von abwechslungsreichen Instrumentierungsvariationen getragen wird. Nirgends kann man sich emotional total vertiefen, denn schon in den nächsten Momenten kann die Grundstimmung wieder kippen und man wird mit etwas völlig anderem konfrontiert. Oftmals schleichen sich melancholische Parts ohne Gesang ein, von nur wenigen Instrumenten und leichten, melancholischen Melodielinien getragen, die dann wieder von vollen Keyboard-Klangwellen abgelöst werden, zu denen sich im passenden Moment wieder der tiefe Growlgesang gesellt. Dieser ist manchmal so schleppend und schwermütig, dass man sich beinahe in die Doom-Richtung gedrückt fühlt... wenn da nicht die treibenden Gitarrenlinien wären, die immer mal wieder durchbrechen. Nein, wahrlich, man sollte nicht wirklich versuchen, diesen erstaunlichen, schwerverdaulichen Brocken Musik passend zu kategorisieren. Wird wohl nicht gelingen. Aber verdammen sollte man ihn erst recht nicht. Die trüben Klangwelten, die hier gezaubert werden, sind auf ihre eigene Art packend und mitreißend... man fühlt sich gut unterhalten, wenngleich man der Künstlerin, die dahintersteckt, vielleicht nicht folgen kann. Aber wer Ungewöhnliches mag, wer mal wirklich überrascht werden will von Eigenheit und avantgardistischen Kompositionen, die sich mit tiefschwarzen BM-Elementen paaren, der ist hier genau richtig!
Anspieltipp: "VI" Punkte: 8,5 von 10 Review von Twilightheart
|