Die
Todesschwadron Ost hat wieder zugeschlagen, dieses Mal mit dem neuen Minas
Morgul – Album „Eisengott“.
Wenn man die Aufmachung und das Cover des Werkes sieht, könnte man sagen, die
Band haut damit ganz schön auf den Putz. Ob die Musik dem gerecht wird, was das
Cover verspricht, wird in diesem Review einmal peinlich genau unter die Lupe
genommen.
Das
Intro dieses Albums ist sehr bizarr... beinahe klingt es wie die Untermalung
einer Science-Fiction-Filmszene, in der sich (wenn man es passend visualisieren
wollte) aus metallischen Einzelteilen ein furchterregendes Maschinenwesen
zusammensetzt.
Beinahe erschrecke ich beim ersten Track, als ich die Drums höre... klingen
irgendwie dumpf und pappig. Wahrscheinlich nur eine Sound-Spielerei ... später
wird dies zum Glück besser. Überhaupt hat dieser erste Song „Der letzte
Tag“ insgesamt zu viele thrashige Einlagen, wo die Gitarren einfach nur
ziellos „schrammeln“. Nur ab und an schleichen sich ein paar geile Riffs und
Drumlinien ein. Nun ja, es geht ja lyrisch um den letzten Tag... da dieser
sicher nicht angenehm sein wird, kann es wohl auch nicht die Musik sein, die ihn
beschreibt. Allerdings könnte die Rastlosigkeit und Aggressivität in diesem
Song auch als Vorbote dessen gemeint sein, was uns auf dem Rest des Albums
erwartet: Ungeduld, Aufbruch- und Kampfstimmung? Man wird sehen...
„Sohnes Faden“ ist da schon besser. Zwar gibt es auch hier viele thrashige
„Lückenfüller“- Passagen, aber im großen und ganzen ist es ein rasantes
Stück mit einem nachvollziehbaren Konzept, hingebungsvollem Growling, ein paar
ansteckenden Gitarrenriffs, einem jagenden Bass, und mit
Einlagen klaren Gesangs, die leider zu sehr in den Hintergrund treten.
Ich glaube, das Plus dieses Songs ist seine hervorragende Live-Tauglichkeit, er
hat ein paar massive Mörderriffs, die zum headbangen einladen und ruhig von
etwas längerer Dauer hätten sein können.
Richtig
packend und kämpferisch ist der vierte Song „Minas Morgul“. Gitarrenwände...
treibendes, schweres Riffing, sehr leidenschaftlicher Gesang voller Inbrunst,
voranpreschendes Drumming. Lyrisch geht es nicht um die Band, sondern um
Tolkiens „Minas MorguI“ (wobei die Band sich sicher nicht umsonst auch so
genannt hat... wenn die Fans bei den Live-Gigs die Refrainzeilen mitsingen
werden, dann wird dies sicher keine Huldigung an Tolkien, sondern an die BAND).
Im Mittelteil gibt es einen mit Hall unterlegten gesprochenen Part, der dem Stück
etwas Epik verleiht (da die meisten anderen Instrumente hier etwas zurücktreten,
hört man den Bass auch mal sehr schön, der einen knackigen Klang hat... im
Gegensatz zu den Gitarren, die zwar unüberhörbar im Vordergrund dominieren,
aber klanglich etwas vermissen lassen, was ich schwer in Worte fassen
kann).
„Eisengott 2.0“ ist ein sehr gewaltiges Werk, in dem alle Register gezogen
werden. Das bisher beste Lied des Albums! Die geballte Ladung aller Instrumente
stürzt in einer hohen Dosis auf den Hörer ein, beinahe ist es schon überladen.
Aber selbst wenn, die gewaltigen Gitarrenflutwellen in diesem Song sind grandios
und das Growling ist brutal (hätte trotzdem durchweg lauter sein können für
meinen Geschmack). Ganz großes Lob für die Lyrics, besonders natürlich für
die letzte Strophe! Beim Anhören bitte nicht einfach als Gemetzel-Ausgeburt
abtun, sondern mal wirklich zuhören und verstehen, was real gemeint ist. Ihr
habt bereits Hollywood-Filme über das Thema gesehen, nun gilt es noch zu
verstehen, dass die Zukunft tatsächlich auch im echten Leben in euren eigenen Händen
liegt. Ihr allein solltet bestimmen, was Wertigkeit besitzt und was nicht!
Der nächste Song „Rot“ ist wahrscheinlich so einer, mit dem man als Frau
dann doch nichts anfangen kann. Aber ich glaube, die Männer werden ihre Freude
an diesem gnadenlosen Gemetzel (diesmal tatsächlich) haben und der Refrain lässt
sich ja auch hervorragend mitgrölen. Ansonsten fehlt mir hier wie gesagt der
Zugang dazu, lediglich das ein oder andere Gitarrenriff hat etwas Mitreißendes,
und das Growling will mir auch gefallen, da es (wie auf dem restlichen Album
auch) sehr leidenschaftlich ist.
„Totes Leben“ hingegen empfinde ich wieder als besonders gelungenen Song.
Hier befasst sich der Verfasser der Lyrics mit einer Frage, die ich mir auch
schon oft gestellt habe: „Wer sieht wie ich?“. Der Text ist eine Homage an
die Erkenntnis (auch Selbsterkenntnis) und eine Aufforderung an die Menschen,
ihren Verstand zu benutzen. Die wuchtige Art, mit der dies instrumental und
stimmlich dargeboten wird, macht den Song zu einem fesselnden Stück.
Auch im Nachfolger „Sinn und Ziel“ wird weiter über das Leben, die Welt,
die Menschen und ihr (Nicht-)Begreifen sinniert. Dass das Wirken und die Lehren
der Ahnen für viele ihre Bedeutung verloren haben, ist nur ein Bruchteil der im
Text versteckten Vorwürfe. Die Lyrics lassen natürlich Raum dafür, dass jeder
seine eigenen Erfahrungen, Schwächen, Stärken, Werte, Nachlässigkeiten etc.
hineininterpretiert und die sehr energisch vorgetragenen Texte vielleicht als
Denkanstoß begreift. Ein tief-dunkel brodelnder Bass und abgefahrene
Gitarreneinlagen steuern ein Übriges zum Gelingen dieses rasanten Songs
bei.
Auch „Hüter der Zeit“ kommt authentisch rüber... ich steh auf diese zwar
simpel gereimten, aber eingängigen, Gänsehaut verursachenden Texte, die einem
alle Vergänglichkeit vor Augen führen können. Jetzt ist das Album auch an dem
Punkt, wo man noch stundenlang weiterhören könnte. Jetzt passt und fließt
alles. Man hört die Feinheiten im Spiel jedes Instrumentes gut, der Growlgesang
passt von der Lautstärke her perfekt rein, man hört jetzt sogar das Schlagzeug
noch deutlich heraus, selbst wenn sich davor gerade wieder eine der gewaltigen
Gitarrenwände aufbaut. Ein rundum gelungenes Prachtstück!
Um
dem finalen Track des Albums, „Wende“, gerecht werden zu können, müssen
sich Minas Morgul jetzt mal den lyrischen Vergleich zu Riger gefallen lassen.
Ich behaupte nämlich jetzt einfach mal, wer Minas Morgul mag, mag Riger erst
recht. In „Wende“ geht es um
anonyme Schreiber im Weltnetz (für die, die nur noch mit den Anglizismen
vertraut sind: das ist das Internet), die (wie lächerlicherweise selbst schon
bei Moonsorrow und Týr geschehen) mit den unsinnigsten Argumenten versuchen,
einigen Pagan-Bands bedenkliche Ansichten in politischer Hinsicht zu
unterstellen. Mag bei manchen Bands zutreffen, aber bei vielen eben nicht. Und
bei Minas Morgul schon’mal gar nicht. Und was nun den Vergleich betrifft: das
Thema wird dem ein oder anderen natürlich aus Rigers „Schöpfer der Hetze“
oder „Zunft der Lügner“ bekannt vorkommen. Also stelle ich doch einfach mal
die naheliegende Frage in den Raum: Wurde hier einfach nur bezüglich der Idee
abgekupfert? Antwort: Nein! Begründung: Minas Morgul geht das Thema auf ganz
natürliche Weise etwas an, da sie sich leider auch oft mit den leidigen
Anfeindungen auseinandersetzen müssen, einfach nur, weil sie zum Pagan-Genre zählen
(und manch einer jeder Pagan-Band gerne ans Bein pissen will, ohne noch zu
differenzieren). Insofern ist es nur legitim, dass sie sich mit dem Thema beschäftigen
und das Bedürfnis haben, ihre Sichtweise zu schildern. Zumindest haben sie es
geschafft, lyrisch ganz anders vorzugehen als Riger, und darauf kommt es natürlich
an... selbes Thema, aber völlig eigene Interpretation und eigene Ideen in der
Umsetzung. Musikalisch ist der Song natürlich sowieso ganz eigenständig. Es
beginnt mit einer Ladung hämmernder Bass- und Drumgranaten, die immer tiefer
und bedrohlicher werden. Dazu gesellen sich ausdrucksstarke Gitarrenlinien und
garstige Sprecheinlagen. Das Growling von Frontmann Rico ist zum Teil
nachbearbeitet, so dass es an passender Stelle hasserfüllter klingt. Man will
sich eben nicht mehr zu Unrecht aburteilen lassen und „Wende“ spiegelt dies
und die damit verbundene Kampfansage wider.
Mit diesem Geschoss endet „Eisengott“ also. Wie erwartet ist das Album höchst
glaubwürdig, insgesamt vielleicht etwas stürmischer als erwartet, gespickt mit
vielen guten Ideen, an manchen Stellen vielleicht etwas langatmig oder vom Sound
her gewöhnungsbedürftig, was aber spätestens beim nächsten Trümmer-Riff
wieder wettgemacht wird. Trotz allem nicht ganz leicht verdaulich, es braucht
schon ein paar Durchläufe, um sich mit „Eisengott“ anzufreunden, aber dafür
knallt es später umso besser.
Soweit
ich weiß, gibt es momentan nur die Version, wo gleich auch noch eine Live-DVD
mit beiliegt. Diese leider mit einem Gig, der zu viele von ganz weit hinten
aufgenommene Szenen enthält. Wenn ich beim Konzert ganz hinten stehe, ist das
frustrierend, wieso nimmt jemand eigentlich an, dass das bei einer Live-Aufnahme
anders ist? Außerdem wurde zuviel vom Applaus und Mitgrölen der Fans
rausgeschnitten (bis auf einige Parts, wo es wirklich eine Frechheit gewesen wäre,
das jetzt auch noch rauszuschneiden, wie alle lauthals mitsingen). Wenn ich die
Musik ohne Jubel der Fans hören will, kann ich das Studio-Album hören. In
einer Live-Aufnahme sollte das meiner Meinung nach keinesfalls rausgeschnitten
werden. Auch nicht, wenn zwischen den Songs noch 3 Minuten lang
weiterapplaudiert wird, schließlich macht das die Live-Atmosphäre aus. Aber
gut, das ist sicher Geschmackssache. Die wahren Minas-Fans wird es auf jeden
Fall freuen, dass es die Live-DVD kostenlos mit dazugibt (zumindest damals beim
Helion-Festival wurde der Album-Pack auch nicht teurer verkauft als eine
normale, einfache Neuerscheinung... was beim Mailorder vielleicht
draufgeschlagen wird, sei dahingestellt).
Damit CD, DVD und das fast A5-große Booklet auch reinpassen, kommt das ganze in
schöner A5-Aufmachung zum aufklappen. Alle Texte sind im Booklet abgedruckt.
Was das Inlay betrifft, so wurde hier dieses mal auf standartisierte Fotos der
Bandmitglieder, wie sie alle möglichst böse schauen, verzichtet. Stattdessen
gibt es witzige Zeichnungen der Bandmitglieder. Was es genau ist, soll an dieser
Stelle allein den Käufern des Albums vorbehalten bleiben...
Anspieltipp:
"Totes Leben"
Punkte: 8,5 von 10
Review
von Twilightheart
Minas
Morgul live:
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