Vom
Karge Welten Kunstverlag kommen ja manchmal verrückte Werke. Dieses mal wurde
sogar ein Tape eingeschickt. Es gibt tatsächlich noch Künstler, die ihre erste
EP nur auf Kassette herausbringen, so eben das erst seit 2009 existierende
Ein-Mann-Projekt „Nachts“. Dahinter steht Sänger „Wiedergaenger“, der
zusätzlich alle Instrumente allein eingespielt hat.
Wie gut, dass ich tatsächlich noch einen Tape-Recorder rumstehen habe. Das
aufklappbare Cover ist in schwarz-weiss gehalten und enthält die Lyrics aller 4
Stücke, die sich auf 18 Minuten summieren, in schöner Schrift. Mal wieder ein
originales, produziertes Tape in den Händen zu halten verursacht ein echtes
80er-Jahre-Feeling bei mir. Und dass es auf nur 125 Stück (handnumeriert)
limitiert ist, macht es natürlich noch interessanter. So erwarte ich echten
Underground-BM beim ersten Anhören.
„Echt Underground“ passt zumindest schon mal vom Sound her. Dieser ist doch
sehr gewöhnungsbedürftig, fast klingt es, als hätte man den Gesang so wie
Quorthon in seinen Anfangstagen aufgenommen: mit dem Kassettenrecorder in der
Garage. Das Growling hört man wie eine Art leise Geisterstimme nur im
Hintergrund. Da die Instrumente aber in etwas besserer Qualität aufgenommen
ist, eine gewisse Nachbearbeitung also doch möglich gewesen sein muss, kommt
mir dann doch die Idee, es könnte Absicht gewesen sein, den Growlgesang (der
auch manchmal nur ein Flüstern ist) so weit zurücktreten zu lassen, um die
Stimmung der ganzen EP mystischer zu gestalten. Im Hinblick auf den Titel "GeistesGegenwart"
liegt es ja auch nahe.
Bei den Konzeptstücken (deren deutschsprachige Lyrics zwar knapp bemessen, aber
trotzdem angenehm da direkt aus dem Herzen erwachsen sind) wechseln sich mal
fließende, temporeichere Passagen (meist durch leicht melancholische
Keyboarduntermalung veredelt) mit tragenden, manchmal ins Schwermütige
driftenden Klangteppichen ab, die vereinzelt sogar Melodien hervorbringen, die
zum Träumen anregen. Alles ist ein wenig bizarr und sehr individuell. Hier will
sich offensichtlich jemand mit allen Mitteln selbstverwirklichen, aber dazu ist
die Kunst unter anderem ja auch da. Es schleichen sich einige Klänge in die
BM-Konstrukte ein, die so eigen klingen, dass man sie fast schon als Neuerung
bezeichnen muss. Insgesamt fügt sich das Ganze dann aber zu einem BM-Konzept,
wie man es in letzter Zeit öfters vorfindet: einige avantgardistische Elemente,
die das Gefühl hervorzaubern können, man könne als Hörer Einblick in die
Seele des Künstlers bzw. in die Abgründe derselben erhaschen. Zumindest steht
das transferierte Gefühl bei dieser Musik im Vordergrund, auf musikalische Höchstleistungen
bei Gitarrenarbeit und Co. wird verzichtet. Ohne den Synthesizer, der dem ganzen
sein Leben einhaucht, wäre die EP nicht wirklich hörenswert. Aber eben jener
zusammen mit diesem Hauch von Growlgesang im Hintergrund, macht das Werk doch in
gewissem Maße zu etwas Besonderem, vor allem wenn man gerade in der Stimmung für
etwas Außergewöhnliches, aber gleichzeitig nicht zu Aufdringliches ist.
Anspieltipp
"Verbindung“
6,7 von 10 Punkten
Review
von Twilightheart
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