Nastrandir – "Prayer to earth"

Twilight/ VÖ: 31.Juli 2009

Obwohl „Nastrandir“ aus Lübeck eine ordentliche Promo eingesandt hatten (keine gebrannte o.a.) lief die CD aus irgend einem Grund in meinem alten CD-Player nicht. Da ich jetzt dann doch mal einen neuen habe, dachte ich mir, ich versuch’s noch mal. Und siehe da, sie läuft einwandfrei. Nun kann es also mit Verspätung doch noch das Review geben. Bzw. kann ich mir das Album „Prayer to earth“ endlich mal anhören (ja, man hätte es sicher auch irgendwo im Web runterladen können, aber das gibt es bei mir einfach aus Prinzip nicht). Und tatsächlich, das Warten hat sich gelohnt. Gleich beim ersten Song ist klar, dass die Qualität hier doch eine gehobenere ist. Dieses insbesondere im Hinblick aufs Songwriting. Doch von vorne.

Zuerst sei jedoch gesagt, dass mich das Artwork des Booklets anspricht. Das Cover-Bild ist zwar schlecht gephotoshoppt, aber im Booklet finden sich ein paar fantastische Naturfotos, die die Natur ganz real widerspiegeln, selbst wenn es sich nur um Detailaufnahmen des Waldbodens handelt, bei denen die festgehaltenen Details wie Moos oder Steine eine ganz reale Atmosphäre schaffen. Aber vielleicht sieht auch nur jemand, der selbst in der Natur fotografiert, das Besondere darin, ich weiß es nicht.

Doch zur Musik! Es handelt sich um Pagan-Metal, doch glücklicherweise nicht im Trinkgelage-Stil, sondern es geht lyrisch um heidnische Ansichten, zumeist in geschichtlichem Kontext, immer verbunden mit Respekt gegenüber der Natur und gegenüber der Erde, hin und wieder auch mal ein versteckter Aufschrei darüber, wie übel viele Menschen mit der Natur umgehen. Aber hauptsächlich geht es um Themen wie Schlachten (lyrische Parallelen zu Themen, die auch Quorthon schon beschäftigt haben, sind nicht von der Hand zu weisen), den Tod der Vorfahren und die Einschätzung, was ein würdiger Tod ist bzw. ob man das Leben vorher ehrbar verbracht hat. Dabei ist die Lyrik herausragend gelungen, sowohl bei den englischsprachigen Songs, aber noch viel mehr bei den beiden deutschsprachigen Songs, von denen „Frei“ besonders heraussticht . Man merkt, dass die Themen, Reime und Worte intensiv durch des Verfassers Sinne geflossen sind, bevor er sie niederschrieb. Offiziell läuft das Ganze thematisch unter „Nordischer Mythologie“, allerdings kann man die Botschaften der Songs meiner Meinung nach auch heute im täglichen Leben nutzen, unabhängig von Mythologien.

Die Umsetzung all dieser Themen ist musikalisch hervorragend gelungen. Sehr ernst und  außergewöhnlich hingebungsvoll klingt die Vertonung von „Prayer to earth“.  Das Album beginnt mit dem Titelsong, der sehr forsch und drängend daherkommt, vor allem durch das Drumming und die kraftvollen Gitarrenlinien betont. Enthusiastisches Growling gesellt sich hinzu. Wer Angst hat, dass der mehr als 8 Minuten lange Song zu eintönig werden könnte (das Album besteht im übrigen generell aus so langen Stücken, immer um die 7 bis 10 Minuten lang, so dass man mit 8 Tracks auf eine Spielzeit von über einer Stunde kommt), wird spätestens nach der Eröffnungssequenz des Songs überrascht, denn von Beginn an wird auf Abwechslung Wert gelegt, allerdings immer so, dass es sich in das allgemeine Gefühl des Songs einfügt und einen beim Hören nicht herausreißt. Beim Titeltrack nimmt man die Gitarren und das Tempo stellenweise zurück, um den Schreien aus dem Refrain mehr Raum zu geben, bevor die Gitarren wieder wirkungsvoller werden dürfen und sogar einen leicht melancholischen Touch bekommen.

Der zweite Track „When I’ll die“ ist im Vergleich dazu viel kämpferischer, mit kriegerischem Mut und Selbstbewusstsein. Dieses ist im übrigen der Track, der am meisten an Bathory erinnert. „When I’ll die my heathen pride endures the pain, when I’ll die my breath comes home to Asa bay“. Mehr braucht man, glaube ich, nicht zum Text zu sagen, der hier auf Schlagworte setzt. Manchmal dienen mehrstimmige, klare Gesänge im Hintergrund als Untermalung und sogar das ein oder andere Gitarrenriff erinnert an Bathory, nicht von der Melodie her, sondern weil es besonders eigen und individuell klingt. 
Der nächste Song „Fäuste aus Stein“ kommt sehr rau daher, durch das langsamere, tragendere Anfangstempo hat er aber auch etwas Erhabenes. Später wird der Song stürmischer, und der erstmals deutsche Gesang wird sofort als angenehm empfunden. Ich behaupte sogar, es hätte dem Album gut getan, wenn es durchweg auf deutsch gewesen wäre. Nun ja, Ansichtssache! Auch einige melodische Brücken finden sich in dem Song, während derer sich ein paar wunderbare E-Gitarrenklänge ihren Weg ins Genusszentrum des Gehirns bahnen, bevor es wieder kraftstrotzender wird. 

Hochmelodisch, fast bedrückend und traurig beginnt „Bloodred horizons“, welcher mit anfangs schleppendem Takt und wuchtigen Gitarrenriffs für schweres Gemüt sorgt. Tiefschürfende Lyrics tun ein übriges. Auch dieser Song variiert später in sich selbst, man durchläuft die Emotionen in verschiedenen Tempi und vielseitigen Harmonien. Auch klarer Gesang wird dem Growling untergemischt.  
„Evernight“ ist der zweitlängste Song und verdient die ausschweifende Länge auch, hat man sich hier doch enorm Mühe gegeben, dem Song Intensität, Würde und Wirkung zu verleihen. Der vorwiegend klare Gesang eines Gastsängers entfaltet eine besondere Wirkung und der Song ist sehr speziell, nicht unbedingt immer leicht verdaulich, aber dafür voller Potential für Entdeckungen, die einem beim ersten Durchhören wahrscheinlich nicht gleich auffallen. Sehr ideenreich, aber ansonsten wirklich eine Geschmackssache, ich denke, es wird nicht jeder Hörer diesen Songs mit Wohlwollen aufnehmen, die melodischen Highlights vielleicht schon, aber den Klargesang vielleicht nur begrenzt.

„Frei“ ist der nächste Song. Leider kommt der gelungene Text nicht allzu gut raus dabei (obwohl er mit ordentlich Schmackes herausgeröhrt wird), denn der Song ist sehr kraftvoll, treibendes Gitarrenriffing drängt sich immer wieder in den Vordergrund. Selbst Bass und Schlagzeug kommen mir hier lauter und dominanter als in den restlichen Songs vor. Alles fügt sich zwar zu einem annehmbaren Ganzen, welches musikalisch aber unter dem Durchschnitt vom Rest des Albums liegt.  

„Rise of runes“ als längster Track des Albums erinnert mich anfangs wegen der Art, wie die Gitarre eingesetzt wird, sogar ein ganz klein wenig an Primordial. Man fährt hier sogar eine Strophe skandinavischen Gesangs auf (klingt wie dänisch), leider nur die erste, der Rest ist bis auf zwei Zeilen wieder auf englisch. Der Refrain-Gesang hat hier sogar einen Folk-Charakter, was eine wunderbare Idee für den letzten Teil des Albums ist, zumal es nicht befremdlich oder unpassend wirkt, sondern wie Wikinger-Gesänge klingend natürlich einen Bezug zu den nordischen Themen hat. Wunderschön fügt sich auch eine Flöte ein, die kurz darauf noch von einer Geige begleitet wird. Zusammen spielt man (mit Keyboard unterlegt) eine altertümlich angehauchte, traurig-schöne Melodie. Allein für diesen Teil möchte man dem Album 10 von 10 Punkten geben. Damit klingt der Hauptteil des Albums dann auch aus und hinterlässt den Wunsch, das gleich noch mal zu hören.

Es gibt einen 8. Track auf dem Album. Regentropfen leiten ihn ein. „Gods of thunder of wind and of rain”. Hm, dass die Band von “Bathory” beeinflusst war, lag ja auf der Hand. Ob der Cover-Song nun aber unbedingt noch sein musste, darüber lässt sich streiten. Es ist zwar immer wieder schön zu sehen, dass Quorthons Hinterlassenschaft auch heute noch großen Einfluss auf junge Bands ausübt, aber ich persönlich finde, dass jedes Bathory-Cover hinter dem Original nur zurückstehen kann. Und so gefällt mir zwar, wie sauber die Band die Gitarre hier spielt (bei Quorthon hätte es das nicht gegeben, haha), aber die stimmliche Performance macht nur einmal mehr deutlich, dass man doch die Hände vom Werk des Meisters lassen sollte.

Das tut dem Gesamteindruck des Albums aber keinen allzu großen Abbruch. Zwar hat „Prayer to earth“ einige Makel, nicht alles klingt so formvollendet, wie es hätte klingen können, aber die Leidenschaft, die die Band in dieses Album gesteckt hat, birgt großes Potential. Viele Ideen sind beachtlich und mit viel Hingabe umgesetzt, so dass ich wirklich hoffe, dass man von der Band in Zukunft noch einiges hören wird.

Anspieltipp: "Rise of runes"                                                                              Punkte: 8 von 10

Review von Twilightheart

 

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