Ab und zu
findet man in seinem Briefkasten doch mal etwas ganz Besonderes, auch wenn es
auf den ersten Blick wie eine weitere langweilige Promo einer Newcomer-Band
aussieht. Dass die positive Überraschung des Monats nun aber gerade von einer
britischen Band kommen würde, hätte ich nicht erwartet. Können die aus UK überhaupt
nordischen „Viking“-Metal machen, ohne dass es lächerlich wirkt? Ein
gewisser Ben Corkhill kann. Er sieht zwar aus wie ein Troll im Korpiklaani-Shirt,
er macht aber wirklich eingängigen
Folk-Metal, der einem die Kinnlade runterklappen lässt.
Zur Vorgeschichte des nun bald erscheinenden Albums „Gylfaginning“ sei
gesagt, dass es in 2007 bereits ein gleichnamiges Demo gab, was für viel Furore
gesorgt hat. Einheit Produktionen haben Ben Corkhill daraufhin sofort die Chance
gegeben, ein gesamtes Album in bester Qualität aufzunehmen. Sie hatten damit
den richtigen Riecher, denn bei diesem Künstler handelt es sich um ein
wirkliches Songwriting-Talent. Es wird nicht einfach Idee an Idee gereiht,
sondern mit „Gylfaginning“ liegt ein vollständiges Konzeptalbum vor,
welches sich lyrisch der nordischen Mythologie bedient (was natürlich nahe
liegt, denn schliesslich ist „Gylfaginning“ der Titel des ersten Buches der
Edda). Musikalisch wird ein episches Werk der Sonderklasse geboten. Zwar sind
die Instrumente größtenteils „synthetisch“, d.h. es wurde mit
Drum-Computer gearbeitet usw., aber in diesem speziellen Fall spielt das keine
Rolle, weil die Qualität auf der mir vorliegenden Master-Copy so gut ist und
alles so perfekt und bis in’s kleinste Detail durchproduziert ist, dass es
fliessend in’s Ohr geht und man keinen Grund findet, irgendwelche Klänge zu
beanstanden. Also mit Sicherheit kein Vergleich zu früheren Promos. Man darf
bei der kommenden Kauf-CD mit höchsten Qualitätsstandarts rechnen.
Wie bereits angedeutet, hat es Ausnahmetalent Ben geschafft, Folk/Pagan-Songs zu
schreiben, die man sich wirklich immer wieder anhören kann. Er ist einer jener,
die es draufhaben, Songs zu schreiben, wo man bei jedem Durchlauf noch’mal
wieder Neues entdeckt. Die folkigen Melodielinien lullen einen sofort ein und
man versinkt in all den hymnischen Refrains von Oakenshield und all den
hochmelodischen und zum Teil sogar ergreifenden Gitarren- und Keyboardthemen.
Dabei schafft es der Schöpfer dieses Albums auch noch, nie in die Eintönigkeit
abzudriften. Jeder einzelne Song ist für sich, wenngleich natürlich in’s
Konzept passend, trotzdem eine eigenständige, mitreißende Folk-Metal-Kreation.
Der Gesang, der sich zwar entfernt an’s Growling anlehnt, wird aber an vielen
Stellen durch althergebrachte heroische Männer-Chor-Gesänge ersetzt, was dem
ganzen Werk natürlich gleich noch einen viel stolzeren Touch gibt. Das gesamte
Album ist sehr emotional und intensiv, kurzzeitig erinnern manche Stellen an Týr
oder Bathory. Leider sieht es allerdings beinahe danach aus, dass genau wie bei
Bathory eine Live-Umsetzung dieses Materials auf der Bühne fast unmöglich sein
dürfte, es sei denn, man würde alles außer dem Gesang playback
einspielen.
Deshalb würde ich euch an’s Herz legen, euch das nun bald erscheinende Album
zuzulegen, denn erstens ist es wie gesagt eher unwahrscheinlich, dass man das
Material auf irgendwelchen Sommerfestivals so „nebenbei mitbekommt“, und
zweitens ist das Album eine in sich geschlossene, fantastische, qualitativ
hochwertig produzierte Kreation, die man in aller Ruhe anhören sollte, so dass
man wirklich alle Besonderheiten, die dieses Werk zu bieten hat, entdecken und
genießen kann. Oakenshield’s „Gylfaginning“ ist wirklich ein Highlight
unter den neueren „Viking“-Alben! Hut ab!
Anspieltipp:
"Fenris"
Punkte: 8,5 von 10
Review
von Twilightheart
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