Psychomantum – "Genius Loci"

Karge Welten/ VÖ: 2010

Nicht alles, was zum Reviewen eingeschickt wird, ist leichte Kost. Schon allein der Titel „Genius Loci“ von Psychomantum treibt mir Schweißtropfen auf die Stirn. Also lese ich das „Flugblatt“, welches der Promo beiliegt und offensichtlich von Sargath, dem Mastermind dieses Ein-Mann-Projekts, selbst verfasst wurde. So erfahre ich, dass es in dem Album lyrisch um Erzählungen und alte Sagen geht, alte Adelsgeschlechter, ein Schatz im alten Berg, eine geheimnisvolle Seherin, Tod, Liebe, ein Ritter und ein Burgfräulein... alles ist dabei. Insgeheim, da mir der Bandname gar nichts sagt, befürchte ich, es könnte sich um episch überdrehten Kitsch mit Fanfare und Tamtam handeln. Bestenfalls könnte es in Richtung Menhir gehen... doch das wage ich kaum zu hoffen. Und so bin ich sehr gespannt...
....und werde überrascht. Offiziell rangiert das Werk zwar unter "melodic Black Metal", aber das trifft es nicht wirklich. Nichts ist wie man hätte vermuten können. Zwar breiten sich hier sofort epische Klangwände mit viel Synthesizer aus, aber diese haben nichts Klischeehaftes an sich, sondern wirken in sich eher geheimnisvoll. Viele der orchestralen Sphären klingen sogar mystisch, manchmal herzzerreißend, manchmal sogar lieblich, selten düster und bedrohlich. Zumeist wird aber ein Hauch von alter Zeit heraufbeschworen. Alte Sagengestalten scheinen imaginär aufzusteigen. All das wie gesagt durch viel Synthesizer realisiert, aber auch ein programmierter Schlagzeug-Sound fehlt nicht. Die Klänge einer Geige und einer Gitarre haben ebenfalls ihre Parts.

Der Gesang, teils auch von gesprochenen Passagen unterbrochen, hat einen  Klang, wie man ihn von einigen Mittelalter-Retro-Bands kennt. Die Stimme suggeriert die Vorstellung eines Geschichtenerzählers aus alter Zeit, manchmal etwas keifend, oftmals mit einem Unterton, der Spannung aufbauen soll, ansonsten den deutschen Texten angepasst ist, um Freude, Leid oder andere Gefühle auszudrücken. Die Intention des Schöpfers dieser Musik ist es, dem Hörer beinahe vergessene Sagen ins Gedächtnis zurückzurufen bzw. ihn dazu aufzufordern, sich überhaupt wieder mit diesem Thema zu beschäftigen. Mission geglückt, würde ich sagen. Ich persönlich empfinde das Album als Bereicherung, ist es doch anders als alles, was ich in letzter Zeit zu hören bekam. Es ist weder brutaler Metal, noch überladene Dudelsack-Musik, auch kein allzu weiches Epic-Geflöte, sondern eine eigene Mischung speziell auf die lyrischen Inhalte abgestimmt. Keyboards sollte man natürlich schon mögen, wobei positiv zu erwähnen ist, dass auf „Genius Loci“ das Beste aus diesem Instrument herausgeholt wurde und alle klanglichen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um facettenreiche, unterhaltsame Tonwelten zu erzeugen, all das auch in guter Aufnahmequalität.  Damit sich der Hörgenuss während der abwechslungsreichen Reise durch alte Sagenwelten vollends entfaltet, darf man auch ruhig mit Kopfhörern auf einer Waldlichtung liegen und zu der Musik vor sich hin fantasieren. Es sind Freigeister gefragt! In jedem Fall muss man sich öffnen und fallen lassen können, ansonsten wird sich einem der Sinn und das Gefühl des Albums nicht erschließen.

Anspieltip „Die Jetta“                                                                                    7 von 10 Punkten

Review von Twilightheart

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