Seelenfrost – "Metamorphosis"

Eigenproduktion/ VÖ: Februar 2010

Underground pur! Mit ganz üblem Garagen-Sound wird man gleich zu Beginn dieser MC schockiert. Jeder, der nicht hart im Nehmen ist, wird hier das Tape abstellen. Doch wer ein gewisses Gefühl für BM hat, wird weiterhören, denn bereits das Einleitungsstück hat etwas für sich, offenbart es doch in viel BM-Raserei auch einen kurzen Einblick in tiefe Melancholie. Es ist ein gewisses Gefühl, was bereits hier transferiert wird. Nicht dass man es beschreiben könnte, aber es macht neugierig, was da noch dahintersteckt. Und so hört man weiter.
Nachdem „Im Wandel der Gezeiten“ abrupt beendet wurde, wird man mit „M“ direkt in das Auge des Orkans geworfen. In brodelndem BM-Sound werden einem mit intensivem Growling ein paar Texte reingewürgt, die einen nicht mehr loslassen. Gleich hier wird mit unglaublicher Intensität eine Weltsicht und das sich dadurch im Songschreiber manifestierte Martyrium dargestellt, in welchem der Schmerz vieler Jahrhunderte gesammelt zu sein scheint und sich in kurzen, prägnanten Zeilen niederschlägt, die in ihrer unwiderlegbaren Wahrheit erschütternd sind.

Wie von Seelenfrost nicht anders gewohnt, besticht die Gestaltung der MC durch feinste Details und liebevolle Gestaltung. In silber auf schwarz wurde dem Inlay das bestmögliche Design zuteil, um die Hingabe der Künstler zu ihrem Werk zu unterstreichen (die Lyrics der durchweg deutschsprachigen Songs sind vollständig abgedruckt). Das Cover hingegen ist schlicht gehalten. Der Mond und die von ihm beschienenen Wolken sind zu sehen. Eben jener Mond ist Titelgeber für den Track „Die Farbe des Mondes“, in welchem über diesen bis hin zur Einsamkeit der Nacht bzw. die Art von Kälte, die sich durch die Gedanken an einen Menschen, der nicht mehr da ist, in der Seele festsetzt. Das ganze ist anfangs etwas „harmloser“ gehalten, während es im Endteil zu einem Aufschrei in Form der Musik wird. Der Tonbereich wird tiefer, die Melodien rasender, schwärzer, in Gewissem Sinne bedrohlich, weil man das Gefühl hat, Zeuge der seelischen Raserei des Künstlers zu sein. Das sich anschließende „Wanderer der Finsternis“ ist dagegen tragender, gesetzter... die Lyrics sind hier weniger gehaltvoll, bieten somit Raum, sich treiben zu lassen, denn was danach kommt, wird an den mentalen Kräften zehren.
„Am alten Mosaik“ kommt lyrisch mit einzelnen Wortfetzen aus, Schlagworte, die jeder für sich selbst interpretieren kann und mit seinem eigenen Leben in Verbindung bringen kann, wenn gewollt. Zwischen lyrischer Resignation und Reflektion einer vielleicht noch nicht verlorenen Hoffnung wird der Song musikalisch durch einen vorwärtsdrängenden Grundrhythmus, undurchdringliche Gitarrenwände, klangvolles Drumming und extrovertiertes Growling zum Leben erweckt. Das Gekrächze schwankt von garstig bis zu aggressiv und hasserfüllt. Die letzten Worte, die gesprochen werden, werden dem Hörer vorwurfsvoll hingeworfen und man kann es kaum ertragen, da die Wahrheit in diesen Worten erdrückend ist.
Ebenso schwer zu ertragen sind auch die Texte des folgenden Songs „Sei mir gegrüßt, Melancholie“. Wie der Titel schon verrät, entbehren die Lyrics nicht eines gewissen Sarkasmus’. Der Verfasser der Zeilen öffnet sich und beschreibt, wie die Melancholie ihn einerseits runterzieht, ja geradezu verbrennt, andererseits aber auch unerschöpfliche Inspirationsquelle für seine Musik ist. Fantastische Lyrics! Die Musik wird dem natürlich angepasst. In manchen BM-Passagen klingt es schöpferisch, drängend, dann wieder kommen traurige Keyboardmelodien durch (allerdings muss man hier sagen, dass das Keyboard so eingearbeitet ist, dass es mit eher tiefen Tönen unterstreichend wirkt, nie drängt sich eine Keyboardmelodie als unpassend, zu konträr oder zu dominant in den Vordergrund). Insgesamt ein beachtliches Werk, bei welchem man sich dann doch mal viel bessere Klangqualität auf der MC wünschen würde, um das ganze ausschweifend genießen zu können.

Gewaltig klingt „Metamorphosis“ mit dem Stück „Gezeitenend“ aus, in welchem Teils mit Samples, teils mit verfremdeten Keyboardtönen eine Vision vertont wird, wie sich das Ende allen Lebens anhören könnte. Leider klingt das Stück zu unsauber aus, was den Genuss etwas beeinträchtigt. Wobei man es vielleicht nicht Genuss nennen sollte, sondern die letzte finale Angstvision, die auch gleichzeitig das Ende allen Leids einläuten wird.
Was Ideen und Absichten betrifft, verdient das Album 10 von 10 Punkten, auch lyrisch ist es Kunst. Allerdings muss der wirklich kompromisslose Undergroundsound und das musikalisch nicht ganz perfekte Level zum Punktabzug führen. Dagegen bringen Hingabe und das Gefühl, was das Album insgesamt hinterlässt, wieder Zusatzpunkte. Trotz allem: die MC ist nur was für echte Underground-Fanaten.

Anspieltipp: "M"                                                                                   Punkte: 7 von 10

Review von Twilightheart

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