Seremoni – "Gedanken-Zeremonie"

Karge Welten Kunstverlag/ VÖ: 19. Dezember 2011

Manch eine Rezension kommt ein wenig verspätet, weil es eigentlich unmöglich ist, die Musik mal eben zwischendurch zu reviewen, schon gar nicht, wenn man vielleicht gutgelaunt von einem Festival zurückkommt. Da kann es schon mal sein, dass man auf die richtige Gemütslage warten muss.... eine Seelenstimmung, in der man offen für die Melancholie ist, die sich subtil im Black Metal von „Seremoni“ verbirgt. Daher kleines Sorry an die Band für die Verspätung. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass das 2011er Demo mit einer Auflage von 50 Stück erschienen ist, und die Neuauflage „Gedanken-Zeremonie“ vom Dezember 2011 auch nur auf 200 Stück limitiert ist, kann man eh davon ausgehen, dass es hier nicht um möglichst zeitnahe Promotion geht, die wahre Verkaufsschübe auslösen soll, sondern dass die Scheibe bei wenigen aber dafür wahrhaftigen Liebhabern des Genres im Regal landen wird.

Beinahe kann man sich nicht vorstellen, dass die beiden Mannen, die hinter Seremoni stecken, ihr Leben von irgendwas trüben lassen, kommen sie doch aus der urigen Berg- und Schieferstadt Lehesten im wunderschönen Naturpark des Thüringer Schiefergebirges, in welchem ich selbst schon gewandert bin und wunderbare Momente inmitten herrlichster Natur genossen habe. Aber natürlich können sowohl Depression als auch der Wunsch, diese möglichst düster in BM zu verpacken, jeden "befallen".

Gleich der erste Track, welcher schleppend und wuchtig-roh daherkommt, legt sich mit einer gewissen Unnachgiebigkeit schwer aufs Herz. Unausgefeilter Garagensound macht sich breit, der von schwermütigen Gitarrenharmonien dominiert wird. Dazu kommt der Gesang, der wirkt, als wäre alles in einem Take aufgenommen bzw. zumindest nicht nachbearbeitet worden. Aber die dadurch erhaltenen stimmlichen Schwankungen geben dem ganzen einen unglaublich authentischen Touch. Als wenn Vokalist Karg dem Urschrei Konkurrenz machen möchte, schreit er sich mit kratziger Stimme durch die Lyrics, unterbrochen von halb brutal-rohen, halb wehklagenden Gesangsparts. 
Diese werden im zweiten Song, der noch niederdrückender daherkommt, auf die Spitze getrieben. Den unterschwelligen Schmerz und die Verzweiflung, die hier durchbrechen, kann nur jemand nachfühlen, der beides selbst schon durchlebt hat. Einige Passagen erinnern ganz entfernt an Shining aus Schweden (wer für Shinings Musik eigentlich was übrig hat, aber gleichzeitig angepisst ist von dem ganzen Kommerzgetue der Band, der könnte mit Seremoni die Underground-Alternative hierzu gefunden haben, unverfälscht und wahrhaftig). 
Das Grundtempo der Musik bleibt vorwiegend im Midtempo- bzw. langsam-schleppenden Bereich, wenngleich auch das Schlagzeug öfters mal scheppernd voranprescht und den Kompositionen kurzzeitig viel Aggressivität und ungestümes Temperament verleiht, so dass die Gitarre kaum hinterherkommt (vornehmlich im dritten Song). Aber was trotzdem immer garantiert ist, ist eine Flut an Emotionen aller düsteren Arten, die man sich so vorstellen kann. Man kann eintauchen in die Musik der Thüringer und sich treiben lassen in der Zerrissenheit der Gedanken, die hier vertont wurde. Da wird man als Hörer hin und her gezerrt zwischen Verzweiflung, Leere, Düsternis aber auch Erhabenheit des wissenden Geistes, zwischen Melancholie und nüchterner Betrachtung von Mensch und Sein. Alles verschmilzt auf dieser 3-Song-EP zu einer Mischung, die einerseits vom Sound her räudig ist, anderseits von der Gefühlsintensität her so stark, dass man davon nicht lassen kann. Und obwohl es nur 3 Tracks sind, ziehen sich diese derart, dass man eigentlich nach doppeltem Durchhören das Gefühl hat, ein komplettes Album gehört zu haben, was sicher nicht zuletzt an der Komplexität des Songwritings liegt. Punkteabzug gibt’s eigentlich nur für den üblen Klang (wobei der echte Underground-BM’ler dies vielleicht sogar als Plus sieht) und gewisse kleine Makel in der Musik, die aber der emotionalen Intensität der Musik keinen Abbruch tun. 
Starkes Stück, was diese Thüringer sich hier leisten! Reinhören!

Anspieltipp: "Im Nirgendwo"                                                                        Punkte: 8 von 10

Review von Twilightheart

 

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