Shining – "Född Förlorare"

Spinefarm Records/ VÖ: 25.Mai 2011

Man mag über Niklas Kvarforth als Mensch denken, was man will, aber in musikalischer Hinsicht steckt doch ein Genie in ihm. Ein fragwürdiges, wahnsinniges... klar, aber doch ein Genie. 

Auch auf dem neuen Album „Född förlorare“ („Geborener Verlierer“) geht es um die altbekannten Themen, die ihn umtreiben (bzw. trieben, schließlich wurde das Album schon vor einigen Jahren geschrieben, die Band fand es nur zu schade, es ihrem alten Label zu überlassen... das nenne ich mal einen cleveren Schachzug), nämlich Drogen, Hass, Dunkelheit, Liebe, Verlassenwerden, Betrug, Enttäuschung, Hass und auch sonst alles, was Depressionen oder sonstige Negativgefühle hervorrufen kann. „Also alles wie gehabt“ möchte man denken, doch erstaunlicherweise haben es Shining geschafft, dem neuen Album einen besonderen, andersartigen Touch zu geben (nur zu schade, dass dies nur unter Drogeneinfluss möglich war, wie Niklas selbst behauptet). „Född förlorare“ ist sehr viel weicher und eingängiger als man es von der Band sonst gewohnt ist. Die Texte, in denen er sich vollkommen öffnet und sowohl jeder nachvollziehbaren als auch jeder noch so abartigen Sehnsucht Ausdruck verleiht, in Verbindung mit zum Teil wirklich ans Herz rührenden Melodien, prägen dieses Album. Niklas wirkt hierauf besonders verletzlich, auch wenn die hochmelodischen Passagen jeweils in den üblichen Growlgesang eingebunden sind. Doch nicht nur das macht das Album interessant, neu und ansprechend sind auch einige treibende Gitarrenriffs, die aalglatt und fast rockig rüberkommen, in jedem Fall aber ansteckend. Einige davon hat Eric von Watain beigesteuert, andere sind von Christopher Amott. Hierdurch und durch die zum Teil ergreifenden Melodien haben viele Stücke Ohrwurmcharakter. 
Stimmlich reizt Niklas alle Facetten aus, die er draufhat, von besonders sanft, ja fast liebenswürdig bis hin zum altbekannten energischen Growling, wobei ich jetzt nicht mutmaßen möchte, was ihm besser zu Gesicht steht; sind es doch sicher auch die extremen Gegensätze, die ihn als Person interessant machen. 

Nachdem Shining VI, in das sich ein Mangel an subversiver Kreativität geschlichen hatte, mich nur wenig begeistern konnte, hat „Född förlorare“ die Zweifel nun wieder ausgeräumt, dass es Niklas immer noch drauf hat und ein Hammeralbum abliefern kann, wenn er nur will. Beinahe gefällt mir jedoch die Stimme von Gastsänger Håkan Hemlin im Song „Tillsammans är vi allt“ besser als Niklas’ Stimme (zu schade, dass ein Song wie dieser, der als Herzschmerz-Song des Jahrzehnts hätte durchgehen können, dadurch entzaubert wird, dass es laut Mr. Kvarforth eigentlich „nur“ um Drogen geht, nicht um Liebe, wie man glauben könnte, wenn man die Lyrics liest). Dem Gesamteindruck des Albums tut dies natürlich keinen Abbruch. Es bietet 42 Minuten beste Unterhaltung (wobei das den alten Hardcore-Shining-Fans sicher sauer aufstoßen wird, dass Shining nun bald mainstream-tauglich sind), vollgepackt mit musikalischen Aha-Momenten und Emotionen aller Art. Es passiert mir selten, dass ich nicht anders kann als ein Album als sehr gut zu bewerten, obwohl mir der Songschreiber suspekt ist. Niklas hat es geschafft, dass ich die Voreingenommenheit kurz beiseite schiebe und das Album als gute Geldanlage weiterempfehle.

Anspieltipp: "Tillsammans är vi allt"                                                                    Punkte: 10 von 10

Review von Twilightheart

 

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