Swallow the sun – "Emerald forest and the blackbird"
Spinefarm Records/ VÖ: 1.Februar 2012
Die Finnen von Swallow the Sun haben sich mit einem neuen Album ausgiebig Zeit gelassen nach ihrer heftigen, langen Live-Promotion von „New Moon“, die 5 Touren und mehrere Festivalauftritte umfasst hat. Die Geschichte zum Nachfolgealbum „Emerald Forest and the Blackbird“ begann laut Songwriter Juha Raivio mit einer zufälligen Gedankenspielerei, die durch ein altes finnisches Schlaflied eingetreten ist. Die Versuche eines Vaters, seinem sterbenden Kind zu erklären, was mit ihm passiert. Genau diese Geschichte thematisiert das Album in seinem Titeltrack „Emerald Forest and the Blackbird“. Und ebenso düster-romantisch verhält es sich auch mit den anderen Tracks des Albums. Doch hervorzuheben ist dabei definitiv der Opener und Titeltrack „Emerald Forest and the Blackbird“, der die Perfektion von Swallow the Sun umreißt und sich für mich als bedeutender Ohrwurm entpuppt. Ruhige Atmosphären in Form einer regnerischen Szenerie sind zuerst zu hören. Darauf setzen sich dann aber bald die ersten Riffs. Gewohnt doomig werden Harmonien episch zusammengefasst zu einem Komplex aus Melodien und Dunkelheit. Sänger Kotamäki bedient sich anfangs noch der ruhigen gesprochenen Stimme. Und bevor der Song richtig beginnt wird die Brachialität noch einmal gedrosselt, um dann mit den charakteristischen Growls und zäher Doomgewalt loszulegen. Der Song erinnert mich bis jetzt arg an „The Giant“. In der Mitte des Songs kommt es zu einem Schnitt. Die hohen Schreie setzen sich auf tiefe Chöre und Stakkatogitarren. Was den harmonischen Fluss beendet. Drummer Hahto packt betonte Double Bass-Linien aus. Die Gitarren nehmen den Black-Metal-lastigen Anstrich an und von majestätischer Epik bewegt sich der Song in böse Gefilde, beruhigt sich aber zwei Minuten vor Schluss doch noch, um in absolute Ruhe, die nur von einer langsamen akustischen Gitarre bestimmt wird, zu verfallen. Ein guter Auftakt, zumindest. Doch viel soll auf dem Album nicht mehr passieren. Die meisten Songs klingen nicht wirklich stark nach der Perfektion, die ich vom finnischen Sextett gewohnt bin. Deshalb hebe ich hier nur die erwähnenswerten Tracks hervor. Bei „Hate, Lead the Way“ setzt sich ebenso wie beim ersten Song die volle Swallow the Sun-Breitseite in Szene. Hier kommt die Brachialität urplötzlich mit Double Bass-Attacken und den hohen Screams daher, ähnlich wie bei „These Hours of Despair“ vom Hope-Album. Die Atmosphäre ist böse, gefährlich. Im Refrain wechseln die Melodien immer wieder kurz in schöne Gefilde über, um dann von Moll-Akkorden sofort wieder in die gefährliche Stimmung zurückgeholt zu werden. Ab der Hälfte ziehen sich charakteristische Melodien durch das Soundbrett. Dem folgen Doombretter, die mit hauchzarten Melodieläufen verbunden werden, um dann schließlich wieder in den Refrain überzugehen. Kompaktes Lied, aber nicht aussagekräftig. Hervorzuheben sei auch noch der vierte Track „Cathedral Walls“, ein arg ruhiger Song, der sich melodisch und langsam, fast nie hart und verzerrt hinzieht. Die Gastvocals von Anette Olzon machen aus dem Lied ein Duett. Hier klingen die Vocals im Gegensatz zu ihrer Arbeit beim Hauptbrötchengeber Nightwish sehr ruhig und mysteriös. Zwar zieht sich der Song eher hin, aber die Arbeit beider Gesangsinterpreten ist beispiellos. Das Album beinhaltet auch den vierten Teil der Horror-Serie „Labyrinth of London“, welches neben dem Opener für mich das Highlight des Albums ist. Hier verbindet sich die Melancholie in der Stimme Kotamäkis mit den beeindruckend niederdrückenden Gitarrenläufen. Der eher härter geratene Strophenpart steht im Kontrast mit dem ruhigen, gefühlvollen Refrain, bei der die Stimme durch Frauengesang unterstützt wird und diese schönen Zeilen „She was the one, now cold and gone. Ten silver bells mourning her death, echoes on the walls in this Labyrinth of London“ immer wieder und wieder hauchzart vorträgt. Der Mittelpart des Songs hält noch eine gesprochene Rezitation des „London“-Gedichts von William Blake bereit, um danach in ein melodiöses Solo überzugehen. So schön
diese Songs auch klingen wollen, so vermitteln sie nicht wirklich den Aspekt der
Perfektion, den ich von Swallow the Sun gewohnt bin. Von den anderen Songs ganz
zu schweigen, die für mich nur ein riesig großes Einerlei darstellen. Kurz: Überflüssig. Zugegeben, einen großartigen Aspekt verbucht die Platte durch die Arbeit Kotamäkis, der seine große Verbesserung auf New Moon weiterführen konnte und sich anno 2012 noch stärker anhört und seine Stimme noch mal um einige Facetten erweitern konnte. So klingt es bei „Labyrinth of London“ schon fast nach Melodic-Death-Gekeife, wohingegen bei „Cathedral Walls“ die Clean-Stimme die Melancholie so bestechend beschwört und dabei trotzdem noch mehr Romantik und Melodie einbaut. Auch an der Produktion ist nicht viel auszusetzen, hat es sich die Band doch nicht nehmen lassen ein finnisches Sound-Dreamteam auf die Songs loszulassen. So wurden die Aufnahmen von Mikko Karmila (Children of Bodom, Nightwish, Amorphis) übernommen. Dem Mischen wendete sich Hiili Hiilesmaa, der bereits mit HIM, Apocalyptica und Moonspell zusammengearbeitet hat, zu. Das Mastering wurde in den bekannten Finnvox-Studios vom großartigen Mika Jussila (Sentenced, Amorphis) übernommen. Bei soviel Prominenz ist die fette Produktion fast schon vorprogrammiert. Druckvoll und feingeschliffen wie ein Diamant hört sich der Sound des Albums an. Swallow the Sun ist einer meiner absoluten Lieblingsbands und sie werden es auch bleiben, trotzdem ist mir noch nicht klar, was sie mit Emerald Forest and the Blackbird bezwecken wollten. Gerne sage ich es nicht, aber dieses Album ist nicht zu empfehlen. Außer dem Die-Hard-Fan, der es sich sowieso zulegen wird, egal was die Kritiker sagen. Anspieltipp: "Labyrinth of London" Punkte: 6 von 10 Review von Surtr
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