Sycronomica – "Gate"

(Armageddon Music / VÖ: 17. Nov. 2006)

Endlich landet nach all den vielen Neuerscheinungen im Death Metal Sektor mal wieder guter alter Black Metal hier zum rezensieren ... ich dachte schon, er stirbt aus. Dann auch gleich noch von einer heimischen Band aus München, die mir schon mit vielen geilen Live-Auftritten so manchen Abend versüßt hat.
Es handelt sich um „Sycronomica“, die nach dem schon recht eingängigen Vorgänger „Paths“ nun die nächste Stufe erklimmen wollen, und zwar mit  dem Album „Gate“, dessen sehr imposantes, aber düsteres Cover hier für den ersten Eindruck sorgt. Doch so grau und düster wie das Cover anmuten lässt, ist das Album allerdings nicht, denn es handelt sich hier zwar um Black Metal, aber nicht von der old-school „Keyboards sind untrue“-Sorte, sondern musikalisch werden alle Register gezogen, denn die Melodiösität kommt auf diesem Werk keinesfalls zu kurz. Zwar ist das Album streckenweise ziemlich kompromisslos düster und wuchtig, aber immer auf sehr eingängige Art und Weise. Jede einzelne Zeile der Lyrics wird durch die Instrumentierung mehrschichtig so unterstrichen, dass es vollwertig klingt und immer genau so, wie es gemeint ist, auch wenn dies den Einsatz von melodischen Keyboardklängen oder andere instrumentalische Eskapaden verlangt. 
Vielleicht muß man noch dazu sagen, dass die Musik zwar vorwiegend im Stil des melodischen Black Metal anzusiedeln ist (wobei eine starke Eigenständigkeit des Songwritings diese Zuordnung eigentlich erschwert... ähnlich Bands wie Dark Fortress oder Borknagar), aber die Lyrics sind doch stärker in der epischen Pagan-Richtung anzusiedeln.

Doch von vorne:
Nach einem sehr eindrucksvollen Intro, das sich „Preludium II“ nennt und mit kalten und verzerrten Geräuscheffekten aufwartet, übergehend in chorale Anspielungen mit leicht heroischen Zügen, beginnt das Album danach mit einem Titel, den einige von euch bereits von diversen Live-Auftritten kennen dürften: „Beyond the gate of light“. Dieser Song dürfte sich spätestens jetzt hier auf der klangtechnisch 1A-durchproduzierten CD tief in die Gehirnwindungen fressen, denn der Song besticht durch abwechselnd aggressives Black-Metal-Gekreische umgeben von wilden Gitarren und grimmigem Bass, und dann tiefes Gegrunze mit wuchtigen Midtempo-Beats unterlegt, die laut aufgedreht mit Sicherheit alle Gläser in der Nähe zum zerspringen bringen würden (und beim Live-Gig alle Matten zum kreisen).
Leider haben es aus dem deutschsprachigen Repertoire von Sycronomica nur drei Songs auf das neue Album geschafft, so auch der 3. Track „Für die Ewigkeit“, wo man sogar trotz Gekreische die Lyrics noch akustisch versteht, wenn man genau hinhört. Dieses Stück überzeugt durch die eingangs erwähnte Melodiösität. Sehr virtuos kommen alle Instrumente vielschichtig zum Einsatz, vor allem das Keyboard, welches spielerisch durch den Song wandert, als gelte es, alle Aktivität der Welt in Melodien einzufangen. Zusammen mit den souveränen Gitarrenriffs ergibt dies eine sehr positive Grundstimmung, eigentlich eher untypisch für den BM... dieser Song speziell geht sowieso eher in die Pagan-Richtung. 
Sycronomica haben einfach so viel Potential in mehrere Richtungen, dass sie gut und gerne zwei Alben aus diesem einen hätten machen können. Ein Pagan-Album mit epischer Grundstimmung und althergebrachten Themen, und ein progressives BM-Album mit grimmen Lyrics und technischen Zaubereien. Auf „Gate“ schaffen sie es, die besten Elemente beider Richtungen einzufangen und widerzugeben. Da braucht es kein Schubladendenken, jeder Song wird so dargebracht, wie er am besten klingt, auch wenn es eben (wie bereits erwähnt) genre-übergreifend ist.
Der 6. Song „To the rivers end“ sticht ganz besonders hervor, einer der besten Songs des Albums, würde ich sagen, denn er ist streckenweise schwer und schleppend, als würde jeder dunkle Gedanke, den es je gab, mitgeschleift... mit absolut geilen, wenn auch schwermütigem Growling, sehr intensiv und packend. Auch dieser Song wird allerdings vom melodischen Keyboard- Experimenten durchbrochen oder teilweise begleitet, bevor er zum Ende hin etwas schneller und siegreicher wird.
Ähnlich wird man durch das ganze Album hindurch in interessante Klangwelten entführt, die immer wieder Neues und Überraschendes hervorbringen. Doch bei all dem kommt der gute alte „Headbang“-Faktor bei weitem nicht zu kurz.
In „Farewell olden world“ taucht noch einmal das exzessive Growling in sehr tiefer Stimmlage auf, was ich persönlich einfach geil finde, zumal es auch in Richtung „verständliche Lyrics“ geht, wodurch ich das ganze noch mehr genießen kann.
Bei nächsten Song deutet sich auf dem Cover der Promo der wohl bei keiner Band vermeidbare Typo an: Es heißt natürlich nicht „Unleashed FORM...“ sondern „Unleashed FROM ancient chains“ (aber ich denke mal, das haben die Korrekturleser des Labels schon entdeckt und ausgemerzt). Wie der Titel schon vermuten lässt, sind die Lyrics hier sehr passioniert, doch auch der Song selbst ist ein Feuerwerk des Abwechslungsreichtums und der Hingabe. Das selbe gilt für das gesamte Album. Es ist ein Zeugnis der Fähigkeit dieser Band, den Hörer in einen Sog aus gefühlter Musik und damit verbundener Imagination zu ziehen.

Ich hoffe wirklich sehr, dass die Band, die es schon seit ca. 10 Jahren gibt, es nun mit Hilfe von Armageddon Music schafft, auf all den großen Metal-Festivals auftreten zu können, denn da gehören sie einfach hin (ganz besonders auf`s Party San, Jarne!). Des weiteren hoffe ich, dass die Band es nun schaffen wird, endlich ein stabiles Line-Up zu behalten, denn kurz vor der Veröffentlichung von „Gate“ musste der Bassist (ein wirklich begnadeter Musiker) die Band leider verlassen. Für den Nachfolger wird es schwer werden, diese Lücke zu füllen. Aber vielleicht gehören solche Rückschläge einfach dazu, damit eine Band an sich selbst wachsen kann.
Kleine Zusatzinfo: Es wurde noch ein Bonus Track geschrieben („Was nie unser war“), der aber nicht auf der Kauf-CD sein wird. Ich befürchte fast, dass wieder nur die Japaner auf einer ihrer DigiPak-Versionen in den Genuß dieses Tracks kommen werden. Schade.

Wer in die neue CD schon einmal vorab reinhören will, findet Infos dazu auf www.sycronomica.de .

Anspieltip: „To the rivers end“

Punkte: 8 von 10                                                                                      Review von Twilightheart

Sycronomica live on stage:

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