„Blättertanz“
heißt die CD von „Waldwind“, deren Cover gleich Eindruck hinterlässt und
das Gefühl vermittelt, dass man mit Sicherheit in die Tiefen der Natur oder
ihrer Mysterien entführt wird. Doch wer nun vermutet, es gäbe schöne Musik
zum Träumen, oder gar übertriebenes Heidenpathos, der liegt ganz falsch.
Eine echte Kategorisierung der Musik dieser Münchner Band ist zwar nicht möglich
(was natürlich bedeutet, dass es bequemerweise einfach mal dem BM zugeordnet
wird, wo eh alles landet, wofür man keinen Namen kennt), aber ich persönlich würde
es als „Independent nature-based avantgarde metal“ bezeichnen.
Mit
langsamen, aber effektvollen Tönen eines Didgeridoos begleitet von einer Art
tiefer Percussion-Rhythmen beginnt das Album und stimmt den Hörer langsam auf
das ein, was da noch kommen mag. Nichts für Leute, die einen schnellen Effekt
brauchen. Nach kurzer Zeit bzw. im zweiten Track gesellt sich psychedelischer
Gesang einer Frauen- und einer Männerstimme hinzu, sowie der erste Growl-Gesang
(der später die meisten Songs dominieren wird) und ganz gewöhnliche
E-Gitarren. Eine anfangs etwas wirre Posaune im Hintergrund gesellt sich hinzu,
der Gesang wird mit der Zeit strukturierter und sehr energisch. Durch die eher
schlechte Aufnahme- bzw. Abmischqualität rückt er aber sehr in den
Hintergrund, was dem ganzen einen extremen Underground-Touch gibt, bzw. einen
leichten Hauch von Exzentrizität. Es folgen viele Variationen in Gesang und
Melodiespiel der Instrumente innerhalb des Hauptthemas. Mal rückt dieser, mal
jener Klang mehr in den Vordergrund, dass die Posaune hierbei klanglich überhaupt
nicht stört, sondern sich einfügt, ist eigentlich erstaunlich. Alles sehr
extravagant, aber dafür erfrischend eigen.
Der dritte Track beginnt mit arg verzerrten Gitarrenklängen, dem Klang eines
leichten Sturms und Rufen von Greifen. Dazu gesellt sich später ein
interessanter Persussion-Beat, der dem ganzen einen leicht mystischen Touch gibt
und zum nächstem vollen Song hinleitet, der „Gen Wipfel“ heißt. Allein die
Wahl der Titel lässt bereits vermuten, dass es sich bei den durchgängig
deutschsprachigen Lyrics nicht um die oft gebrauchte, leicht-nachvollziehbare
Verherrlichung der Natur handelt, sondern dass alles in eine etwas abstrakte und
eigenwillige Form gepackt wurde. Allerdings bleibt das Album wohl dadurch (und
in Kombination mit der nicht gerade leicht verdaulichen Musik) interessant, weil
man wirklich gezwungen ist, sich mit dem, was man hört, auseinanderzusetzen.
Einfach nur „schön finden“ is’ nich’! Allerhöchsten im 5. Stück „Dämmerung“,
welches zwar nur ein kürzeres Zwischenstück ist, aber den Hörer mit dem
Rauschen eines Baches, Naturgeräuschen und sanften Posaunenklängen einlullt.
Im Folgestück „Nordlicht“ wird es schon wieder rasanter. Besonders
ausgefallene, schöne Melodien gibt es hier zwar nicht, dafür lebt das Stück
wie auch einige der vorigen durch seine Fülle an beinahe unbequemen Klängen,
die Gehör und Gehirn beschäftigen, und vom gelungenen Growling, was vom Stil
her auch gut zu einer richtig bösartigen BM-Band passen würde, im Kontext von
Waldwind aber einen erfrischenden Kontra-Gesang darstellt.
Im selben Stil gestaltet sich auch das letzte Stück „Lichter wirren“ und
nach nur ca. 26 Minuten findet das Album auch schon sein Ende. Die Kürze zu
verdammen, lohnt sich allerdings nicht, schließlich könnt ihr das Album eh
nicht kaufen. Die einzigen 50 Exemplare zum Verkauf (plus ein paar wenige für
einige Rezensenten) sind bereits jetzt vergriffen. Das Album, was eigentlich als
Demo deklariert wurde, soll also auch nur dem Einstieg der Band dienen. Waldwind
geben nun auch einige Gigs, setzen also wohl darauf, sich erst’mal live zu
etablieren, bevor vielleicht dann ein ordentlich durchproduziertes
Full-length-Album folgt.
Vielleicht wird die Band die Songs auch als Downloads zur Verfügung stellen,
wer weiß...
Um
die Gesamtpunktzahl nachvollziehen zu können, muss ich differenzieren:
Songwriting (Bonuspunkte, weil extravagant und gewagt): 8 von 10 Punkten,
Ideen/Effekte plus musikalische Umsetzung: 6 von 10 Punkten, Gesamt/Growling:
8,5 von 10, spielerische Qualitäten: 7 von 10 Punkten, Lyrics: 7 von 10
Punkten, Aufnahmequalität: 1 von 10 Punkten (wobei Liebhaber von Underground-Klängen
vielleicht drauf stehen), Covergestaltung: 8 von 10 Punkten (wobei die
Komposition des Bildes 10 von 10 Punkte verdient hätte, aber die Effekte, die
das ganze weder wie ein Foto noch wie eine Zeichnung aussehen lassen, nehmen
etwas von der Wirkung), kämen wir also im Gesamteindruck auf 6,5 von 10
Punkten. Einen halben Bonuspunkt gibt es für den Mut, sich auf so ungewohntes
Terrain zu wagen.
Schaut euch die Band einfach mal live an, wenn ihr die Möglichkeit habt, und
lasst euch überraschen!
Anspieltip
„Dämmerung“
7 von 10 Punkten
Review
von Twilightheart
Waldwind
live:
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