Nachdem
Waldwind schon mit ihrem 1. Album „Blättertanz“ für etwas Aufruhr in der
Untergrundszene gesorgt haben, weil es so ganz unerwartet und eigenständig ist,
haben sie in 2011 gleich noch „Lohe“ hinterhergeschoben und auch das nächste
Album ist schon in Arbeit. Doch hören wir zuerst in „Lohe“ rein, dessen
Bookletgestaltung genau wie beim Vorgänger durch prachtvolle Naturfotos
besticht. Ob das wogende Herbstgold auch auf dem Album in Harmonien umgewandelt
zu finden sein wird, ist die Frage.
Während das Intro noch sehr ruhig und gediegen ist und eine gewisse besänftigende
Ruhe ausstrahlt, ist der 1. Track „Schlagende Hörner“ hingegen etwas
sperrig. Ein angenehmer Melodiepfad, dem ich folgen will, will sich mir hier
leider nicht auftun. Obwohl die jagende, kämpferische Grundstimmung viele
Emotionen und Tatendrang vermittelt, birgt sie mir doch in der Melodieführung
zu viel Unruhe und Zerrissenheit, bzw. zu viele Einflüsse sowie einen zu
heftigen Schwall von Andeutungen und Ideen- bzw. Effekt-Fetzen. Auch ist mir
persönlich das Growling zu aggressiv und rau. Im Mittelteil wird dem Hörer
eine kurze Atempause in Form von zurückgenommener Instrumentierung gegönnt, in
der das Augen- bzw. Ohrenmerk auf dem Klargesang liegt, der hier von weiblichem
Gastgesang unterstützt wird. Auch bringen die Posauneneinlagen, die beinahe wie
ein Waldhorn klingen, angenehme Klänge in die Komposition.
Im
dritten Lied „Lichter wirren“ fällt zuerst die dominante Gitarrenführung
auf, die mit leicht experimentellem, individuellem Einschlag ein wenig
aufdringlich wirkt. Passend dazu markantes Growling, welches stark die Lyrics
betont und nicht erlaubt wegzuhören.
Nach diesem kurzen Stück schließt sich „Gen Wipfel“ an, welches endlich
weniger sperrig auf mich wirkt. Ein nachvollziehbares kompositorisches Konzept
beginnt sich mir zu erschließen und die eine oder andere Harmonie ruft
angenehme Assoziationen hervor. Auch fügen sich in dieses Stück die
eingearbeiteten Ideeninnovationen fließender ein, Drums, Posaune, Gitarren und
Bass bilden eine gesunde Einheit und das Growling passt haargenau und
unterstreicht den forschen, treibenden Charakter des Songs.
Viel
zu kurz ist das instrumentale Zwischenstück „Dämmerung“, welches zum träumen
einladen würde, wenn man etwas mehr Zeit zum lauschen hätte.
„Nordlicht“ hingegen ist wieder etwas räudiger, wenngleich auch der Klang
der Posaune es oftmals rausreißt und alles geschmeidiger und angenehmer macht,
während der Rest des Songs stellenweise eher unruhig und kantig ist, weil
Kurzvariationen in Tempo und Sampling den Hauptfluss stören... natürlich
gewollt „stören“, um dem ganzen mehr Lebendigkeit zu verleihen. An anderer
Stelle wiederum sind die Gitarrenlinien zu einfach und zu nachvollziehbar
gehalten, wenngleich sie durchgehend schnell und präsent sind.
„Rote Wälder“ bildet den furiosen Abschluss des ca. 39-minütigen Albums.
Beinahe überschlagen sich die beteiligten Instrumente und Harmonien, das
Growling ist abwechslungsreich und nervenaufreibend. Ein gewöhnungsbedürftiges
Stück, welches aber nicht einer gewissen Magie entbehrt, die vor allem in den
Passagen mit zusätzlichem Gast- bzw. Klargesang und melodischeren Tonfolgen zum
Tragen kommt.
Lyrisch
erinnert mich gleich der erste Song entfernt an Bathory’s „Blood on Ice“,
natürlich nur was die eventuelle Inspirationsquelle betrifft, abgekupfert ist
hier freilich nichts. In den anderen Texten werden vornehmlich Impressionen aus
der Natur in bedeutsame Worte gekleidet, die einige Überraschungen parat halten
(„Gen Wipfel“ sticht hier besonders heraus) und von der Formulierung her ein
Genuss sind und gekonnt einige gewaltige Schauspiele aus Wald und Flur
widerspiegeln.
Wie
schon beim 1. Album muss man auch bei „Lohe“ sagen, dass Waldwind keine
leichte Kost bieten, dafür aber auch keine Null-Acht-Fuffzehn-Combo sind.
Vielmehr kann man Waldwinds „Lohe“ als Herausforderung betrachten, die dem,
der etwas offen und experimentierfreudig ist, einige Aha-Effekte schenken kann.
Das Album ist klanglich noch nicht perfekt ausgefeilt (aber schon bedeutend
besser produziert als das letzte), was aber vielleicht den robusten Charme des
ganzen unterstreicht.
Lohe
... nicht vollständig genießbar, aber dafür mit Seele.
Anspieltip
„Rote Wälder“
7 von 10 Punkten
Review
von Twilightheart
Waldwind
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