Waldwind – "Lohe"

Eigenproduktion - VÖ: 20. Februar 2011

Nachdem Waldwind schon mit ihrem 1. Album „Blättertanz“ für etwas Aufruhr in der Untergrundszene gesorgt haben, weil es so ganz unerwartet und eigenständig ist, haben sie in 2011 gleich noch „Lohe“ hinterhergeschoben und auch das nächste Album ist schon in Arbeit. Doch hören wir zuerst in „Lohe“ rein, dessen Bookletgestaltung genau wie beim Vorgänger durch prachtvolle Naturfotos besticht. Ob das wogende Herbstgold auch auf dem Album in Harmonien umgewandelt zu finden sein wird, ist die Frage. 
Während das Intro noch sehr ruhig und gediegen ist und eine gewisse besänftigende Ruhe ausstrahlt, ist der 1. Track „Schlagende Hörner“ hingegen etwas sperrig. Ein angenehmer Melodiepfad, dem ich folgen will, will sich mir hier leider nicht auftun. Obwohl die jagende, kämpferische Grundstimmung viele Emotionen und Tatendrang vermittelt, birgt sie mir doch in der Melodieführung zu viel Unruhe und Zerrissenheit, bzw. zu viele Einflüsse sowie einen zu heftigen Schwall von Andeutungen und Ideen- bzw. Effekt-Fetzen. Auch ist mir persönlich das Growling zu aggressiv und rau. Im Mittelteil wird dem Hörer eine kurze Atempause in Form von zurückgenommener Instrumentierung gegönnt, in der das Augen- bzw. Ohrenmerk auf dem Klargesang liegt, der hier von weiblichem Gastgesang unterstützt wird. Auch bringen die Posauneneinlagen, die beinahe wie ein Waldhorn klingen, angenehme Klänge in die Komposition.

Im dritten Lied „Lichter wirren“ fällt zuerst die dominante Gitarrenführung auf, die mit leicht experimentellem, individuellem Einschlag ein wenig aufdringlich wirkt. Passend dazu markantes Growling, welches stark die Lyrics betont und nicht erlaubt wegzuhören. 
Nach diesem kurzen Stück schließt sich „Gen Wipfel“ an, welches endlich weniger sperrig auf mich wirkt. Ein nachvollziehbares kompositorisches Konzept beginnt sich mir zu erschließen und die eine oder andere Harmonie ruft angenehme Assoziationen hervor. Auch fügen sich in dieses Stück die eingearbeiteten Ideeninnovationen fließender ein, Drums, Posaune, Gitarren und Bass bilden eine gesunde Einheit und das Growling passt haargenau und unterstreicht den forschen, treibenden Charakter des Songs.

Viel zu kurz ist das instrumentale Zwischenstück „Dämmerung“, welches zum träumen einladen würde, wenn man etwas mehr Zeit zum lauschen hätte. 
„Nordlicht“ hingegen ist wieder etwas räudiger, wenngleich auch der Klang der Posaune es oftmals rausreißt und alles geschmeidiger und angenehmer macht, während der Rest des Songs stellenweise eher unruhig und kantig ist, weil Kurzvariationen in Tempo und Sampling den Hauptfluss stören... natürlich gewollt „stören“, um dem ganzen mehr Lebendigkeit zu verleihen. An anderer Stelle wiederum sind die Gitarrenlinien zu einfach und zu nachvollziehbar gehalten, wenngleich sie durchgehend schnell und präsent sind. 
„Rote Wälder“ bildet den furiosen Abschluss des ca. 39-minütigen Albums. Beinahe überschlagen sich die beteiligten Instrumente und Harmonien, das Growling ist abwechslungsreich und nervenaufreibend. Ein gewöhnungsbedürftiges Stück, welches aber nicht einer gewissen Magie entbehrt, die vor allem in den Passagen mit zusätzlichem Gast- bzw. Klargesang und melodischeren Tonfolgen zum Tragen kommt. 

Lyrisch erinnert mich gleich der erste Song entfernt an Bathory’s „Blood on Ice“, natürlich nur was die eventuelle Inspirationsquelle betrifft, abgekupfert ist hier freilich nichts. In den anderen Texten werden vornehmlich Impressionen aus der Natur in bedeutsame Worte gekleidet, die einige Überraschungen parat halten („Gen Wipfel“ sticht hier besonders heraus) und von der Formulierung her ein Genuss sind und gekonnt einige gewaltige Schauspiele aus Wald und Flur widerspiegeln.

Wie schon beim 1. Album muss man auch bei „Lohe“ sagen, dass Waldwind keine leichte Kost bieten, dafür aber auch keine Null-Acht-Fuffzehn-Combo sind. Vielmehr kann man Waldwinds „Lohe“ als Herausforderung betrachten, die dem, der etwas offen und experimentierfreudig ist, einige Aha-Effekte schenken kann. Das Album ist klanglich noch nicht perfekt ausgefeilt (aber schon bedeutend besser produziert als das letzte), was aber vielleicht den robusten Charme des ganzen unterstreicht.

Lohe ... nicht vollständig genießbar, aber dafür mit Seele. 

Anspieltip „Rote Wälder“                                                                                7 von 10 Punkten

Review von Twilightheart

 

Waldwind live:

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