Thyrfing - Vansinnesvisor
(Karmageddon, 2002)
Thyrfing, die ja durch ihren sogenannten Viking-Metal bekannt wurden, überraschen
uns mit „Vansinnesvisor“ mit
einem Konzeptalbum, welches das agressivste überhaupt ist, was es von Thyrfing
gibt. Gemäß dem Titel,
welcher übersetzt soviel bedeutet wie „Lieder des Wahnsinns“, geht das
ursprüngliche ein wenig unter und Thyrfing
werden geradliniger und progressiver, indem sie hier ein Album voller Energie
und Kraft vorlegen, welches allerdings eher
harter Metal statt Viking-Getüdel ist. Die Sprache ist in gewohnter Manier
schwedisch (die Ausnahme sind 2 englischsprachige Songs).
Es geht auch sofort und gnadenlos mit dem uptempo Song „Draugs harg“ los,
ein agressiver Song mit lautem Drum-Geknüppel,
bei welchem man vor allem das extrem übertrieben gerollte „R“ des Sängers
Thomas Väänänen vernimmt (mit Sicherheit absichtlich,
um dem Song noch mehr Rohheit zu verleihen). Nur im Mittelteil vernimmt man im
Hintergrund ein paar wenige folkig angehauchte
Töne als Untermalung... allerdings noch weniger als ein Hauch. Der Song hört
so aprupt auf, wie „Digerdöden“ (übersetzt: „Pest“)
anfängt, den man getrost als Fortsetzung betrachten kann, nur dass hier die
Drums nicht so knüppeln, sondern eine schöne
Untermalung bieten. Der Song ändert immer wieder sein Thema und wird
unterbrochen von melodischen parts, in
welchen die präzise Gitarre einen schönen Viking-Männer-Chor (wenn auch einen
Teils agressiven) einleitet, welcher
nun schon eher an die alten Thyrfing erinnert (die ja bekanntermaßen etwas
melodischer und wuchtiger waren).
Im Chor singen neben Th. Väänänen auch noch der Drummer und der Gitarrist,
sowie Kocmut und Bergstrand.
In „Digerdöden“ umspielen sich wirklich die Gitarre und der Gesang in
herrlichster Form und der Song ist viel zu schnell vorbei.
Und weiter geht es mit einem Meisterstück. „Världsspegeln“ (Spiegel der
Welt). Beginnend mit einer agressiven Einleitung
geht es über in energischen Gesang (Thomas Väänänen plus Unterstützung von
Toni Kocmut im Teilen des
Refrains) und wird von der Gitarre übergeleitet in die schnellere Phase, in
welcher die Lead-Gitarre ein fast virtuoses
Eigenleben entwickelt an einigen Stellen, während Väänänen sich die Seele
aus dem Leib röchelt. Nach einem herrlichen
schnellen Tongebilde als Break mit fast rockiger Gitarre findet der Song seinen
Ausklang, indem er noch
einmal kurz aufwallt und dann quasi in leiseren Tönen entschwindet.
Dann kommt ein weiterer gewaltiger Song: mit dem auf dem Keyboard nachgestellten
verzerrten Geigen-Klängen
wird „The Voyager“ eingeleitet, ein mid-tempo Song auf englisch über die
Abenteuer und Erinnerungen eines
alten Seefahrers. Immer wieder von den melodischen Keyed-Fiddle-parts untermalt,
schreitet der Song vor sich
hin und bietet zum Teil wirklich abstrakten verzerrten Gesang (fast wie der
eines Wahnsinnigen)... auch hier gab
es beim Refrain gesanglichen Beistand von T.Kocmut.
„ångestens högborg“ im Anschluß bietet erstmals eine ganz kurze Pause mit
einigen mittelalterlich
angehauchten Tönen. Diese Entspannung ist aber nur von kurzer Dauer, dann
prescht der Song
mit aller Gewalt los. In gewohnter Manier hören wir rohen, rauen Gesang,
allerdings immer wieder kurz
unterbrochen von den ruhigeren Tönen, die stets wieder vom rauen Teil überrollt
werden. Und in der Mitte des Songs
gibt es plötzlich einen Stilbruch, welchem mein absoluter Lieblingsteil des
ganzen Albums folgt: man hört einen
fortschreitenden Rhythmus von allen Instrumenten im Gleichtakt, untermalt von
einigen virtuosen Tönen, die
fast an mittelalterliches sorgloses Liedchen-Pfeifen erinnern, durchbrochen von
der unglaublichsten Drum-Einlage,
die ich je gehört habe (kurz aber unglaublich prägnant). Nach kurzem bis zur
Ekstase aufgebautem Gesangsteil,
bei welchem eine Steigerung der Leidenschaft kaum möglich ist, wiederholt sich
noch einmal dieser unglaubliche
Break mit dieser einzigartigen Drum-Einlage, von der ich einfach nie genug
bekommen kann, bevor
der Song leider viel zu schnell abklingt.
„The Giant’s laughter“ beginnt sanfter, was allerdings nur eine kurze Täuschung
ist. Der Song geht sofort über
in die gewohnte Härte. Im Gegensatz zum Rest ist dieser Song von der Melodie
her eher unauffällig (meiner
Meinung nach), lebt aber von der Besonderheit, dass der Sprechgesang an manchen
Stellen doch eher Sprechen
ist, bzw. Gegrummel in tiefer Tonlage. Der letzte Song in englischer Sprache auf
diesem Album (neben „The Voyager“)!
Hierin geht es um Gedanken zum Sinn von Kampf und Unschuld, ispiriert von einem
Gedicht aus dem 17. Jahrhundert
von Esaias Tegnér. Auch dieser Song hat ein herrliches melodisches vom Gesang
getragenes break, mündend in
einem kurzen ruhigen Teil, bevor es wieder schneller wird, um dann noch einmal
mit dem Grundmotiv durchzubrechen!
Der Titelsong „Vansinnesvisan“ (Song des Wahnsinns) macht seinem Namen alle
Ehre. Ständig wechselnde
Themen in musikalischer Hinsicht, geführt vom Geknatsche Väänänens, der das
„R“ um sein Leben rollt,
wodurch die schwedische Sprache einfach herrlich zur Geltung kommt. Mit
Sicherheit der wildeste und
wirrste Song des Albums, durchbrochen von wirklich wilden Drums und treibenden
Gitarren... Wahnsinn... Eksatse... Wildheit pur!
Danach kommt leider auch schon der letzte Song des Albums, „Kaos återkomst“,
der in gewohnter Weise
erst mal kurz ruhig antäuscht, um dann richtig loszulegen... schnelle
treibend-melodiöse Eskapaden durchdringen in
instrumentaler Form den starken männlichen Gesang, abgewechselt von aggressiven
Themenvariationen, die dann wieder
in`s melodische münden für kurze Zeit, um dann wieder vorwärtszutreiben. Väänänen
singt hier an einigen Stellen
absichtlich tiefer als sonst, was ausgesprochen genial klingt.
Gegen Ende des Songs gibt es noch einmal einen letzten Stilbruch... man denkt,
der Song wäre schon zuende,
aber mit Gräuschen, die anfangs nur wie Geschepper klingen, wird noch einmal
ein sehr melodischer Teil
eingeläutet, der nun schon eher wieder etwas vom Viking-Dasein in sich hat. Und
mit diesen schönen, besinnlichen
Tönen klingt das Album aus und hinterlässt einen bleibenden Eindruck... wer es
einmal gehört hat, gibt
„Vansinnesvisor“ bestimmt nicht wieder her.