Winternoise Festival 2007
Georgsmarienhütte B51, 13. Januar 2007
(Bericht von Wiebke)
Auf diesen Samstag habe ich mich schon sehr gefreut, zum einen weil viele Bands auftreten sollten, die ich sehr mag, zum anderen, weil es ein kleiner Ausbruch aus dem wieder eingekehrten Klausuren – und Prüfungsstress sein würde. Dementsprechend hat sich bei mir während der Hinfahrt schon ein wenig Aufregung bemerkbar gemacht. Nachdem wir die Sachen im Backpacker´s abgeladen haben, kommen wir mit etwa halbstündiger Verspätung vor dem B51 an, wo sich schon eine Schlange vor dem Eingang gebildet hat. Da es aber Verzögerungen durch einen verspäteten Aufbau gegeben hat, dauert es noch eine Weile, bis die erste Band auf der Bühne steht, so dass ich mich auch nicht ärgern muss, weil ich irgendetwas verpasse.
Den Anfang machen zu meiner persönlichen Überraschung Path Of Golconda aus Oberhausen, die mehr oder weniger für Lacrimas Profundere einspringen. Die Herren legen sich von der ersten Sekunde an voll ins Zeug und fahren ein kraftvolles Death Metal Brett auf. Einschläge aus Black und Thrash sind ebenfalls auszumachen. Manuels Vocals klingen wirklich verdammt heftig, und optisch unterstreicht er den Eindruck noch durch wildes über die Bühne stapfen und zornige Gesichtsausdrücke. Der Mann verfügt über eine enorme Bühnenpräsenz! Die Saiteninstrumentalisten lassen ihre Haare kreisen, dass Windmühmühlenflügel bei Windstärke 10 wirklich harmlos aussehen, so dass man schon vom Zuschauen Nackenschmerzen bekommen kann.
Die freigesetzte Energie überträgt sich sofort auf die Anwesenden, so dass auch vor der Bühne schon einige Fans moshen. Die Blastparts, von Schlagzeuger Roman äußerst präzise und gnadenlos eingehämmert, tun ihr übriges dazu. Aber es gibt auch ein paar ruhigere Momente, in denen man ein paar tiefe Luftzüge holen und beim Gitarrensolo zuschauen kann. Dementsprechend schnell verrinnt die Spielzeit, so dass Path Of Golconda nach ca. 30 Minuten schon wieder am Ende angelangt sind. Das finde nicht nur ich ziemlich schade und somit können Path Of Golconda nicht nur auf einen positiven Gig zurückblicken, sondern auch sehr positive Resonanzen in Form von Applaus ernten.
Setlist: Intro – Metropolis Rotting – Between God And Gutter – Foul Winds Through Utopia – A Cannibal Crusade – Petriachor (The Parting Of Hearts)
Als nächstes sind Sudden Death an der Reihe. Das Quartett hat sich heute einen kleinen Marathon aufgehalst, nach dem Auftritt werden sie weiter nach Ratingen fahren, um dort auch noch einen Gig zu spielen. Da heißt es, Kondition unter Beweis stellen. Und die haben die Herren definitiv. Der Bassist rast von einem Bühnenende zum anderen, vollführt tollkühne Drehungen um die eigene Achse und springt auch mal eben von der Bühne, um durch die Reihen im Publikum zu stapfen oder mit einigen Besuchern um die Wette zu hüpfen. Da ist gute Stimmung garantiert. Aber auch Gitarrist und Frontmann entpuppen sich als sympathische Zeitgenossen.
Old School Death Metal Fans kommen hier voll auf ihre Kosten. Vorwiegend grooveorientiert und mit eher gemäßigten Tempo wird sich durch die Setlist gewalzt. Es werden vornehmlich Songs der neuen CD „Rethroned“ vorgestellt, die auch immer wieder angepriesen wird. Aber in den anderen Ansagen präsentiert man sich praktisch veranlagt: Da das B51 demnächst abgerissen werden soll, wollen sie vor „Black Pieces“ den Vorschlaghammer heraus zu holen, um schon mal ein bisschen Vorarbeit zu leisten. Im übertragenen Sinne tun sie das dann auch, denn der Song wummert ziemlich heftig. Mit der Mischung aus augenzwinkernden Späßchen, Publikumsnähe und massiven Soundwänden haben es Sudden Death nicht schwer, die Fans auf ihre Seite zu ziehen, so dass auch sie ein positives Resultat mit ihrer Show erzielen können.
Setlist: Until Hell Froze – Broken Wings – Insert Coin – The Sun – Observer – Spiral Fortress – Black Pieces – Terror – Germ Under God
A life divided haben es am heutigen Tag verdammt schwer mit dem Publikum, da sie mit Abstand die softeste Band sind. Der Platz vor der Bühne ist merklich leerer geworden, und während des Industrial-lastigen Intros ziehen sich noch ein paar weitere in Richtung Getränkestand zurück. Die Münchener gehen mit der Situation aber sehr professionell um und versuchen trotzdem, eine gute Show abzuliefern. Frontmann Jürgen versucht die Anwesenden mit seinen Ansagen immer wieder zum Mitgehen zu motivieren. Der Erfolg hält sich zwar in Grenzen, aber einige – vor allem weibliche – Musikbegeisterte tanzen doch ein bisschen und beklatschen die Songs. Und wer gefühlvollen Rock mit ein paar härteren Riffs mag, kann hier durchaus auf seine Kosten kommen. Dennoch hätten sie meiner Meinung nach auf das Depeche Mode Cover verzichten können, da der Erfolg bei diesem Lied eigentlich schon von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist.
Setlist: Intro – Anyone – So Far To Go – Matter Of Sight – Walking In My Shoes – Hand Of Healing – No World Order – Virtualized – Sounds Like A Melody
Tun
sie es, oder tun sie es nicht? Spielen sie etwas von der neuen Platte? Das ist
wohl die Frage, die sich so mancher stellt, als die Musiker von Moonsorrow
ihre Instrumente aufbauen. Denn es wäre schon interessant zu sehen, wie sie
einen ewig langen Track live umsetzten würden. Aber den Gefallen tun sie mir
leider nicht. Nicht weiter tragisch, denn die im Laufe der nächsten Stunde
folgenden Songs werden für die mangelnde Experimentierfreude mehr als entschädigen.
Die Reihen haben sich weiter gefüllt, und es herrscht sowohl vor als auch auf
der Bühne eine ausgelassene, erwartungsfreudige Stimmung. Der ruhige Beginn von
„Kivenkantaja“ führt zunächst ein bisschen in die Irre, denn das Stück
entpuppt sich als ziemlich heftig. Mitja schüttelt seinen Kopf, dass man fast
schon befürchten muss, dass dieser abfallen könnte. Zwischendurch schleudert
er auch seine Gitarre in bester Rockstarmanier um sich herum, ein Glück hängt
sie fest am Gurt, sonst könnte das auch mal schief gehen. Bei seinen
Backingvocals trifft er zudem jeden Ton richtig, was ja nicht immer der Fall
ist. Ville lässt es unterdessen ein wenig ruhiger angehen und beschränkt sich
auf gelegentliches Haareschütteln, hat dafür aber umso öfter ein breites Lächeln
im Gesicht. Als nächstes folgt das extrem einprägsame Anfangsriff von „Kylän
Päässä“, so dass Begeisterungsjubel ausbricht. Sofort werden zahlreiche Hände
zu Fäusten geballt und gen Hallendach gestreckt, ehe sich wieder kollektivem
Headbanging hingegeben wird. Janne, der auch heute wieder für Henri am Start
ist, meister seine cleanen Passagen bravourös, so dass dieser Song ein wahrer
Genuss ist, da Schnelligkeit, Härte und grandiose Melodien perfekt ineinander
verschmelzen. Mit „Pimeå“ folgt ein Lied über den Genuss von Alkohol, wie
Ville erklärt, er ist heute überhaupt ziemlich gesprächig und kommuniziert für
seine Verhältnisse rege mit den Fans. Bei dem ruhigen „Sankaritarina“ genießt
man einfach nur die Atmosphäre, die die fünf verbreiten, ehe mit „Pahkanajuhla“
noch ein Song vom Debütalbum „Suden Uni“ zum Besten gegeben wird. Abschließend
bleibt nur zu sagen, dass Moonsorrow
heute alles richtig gemacht haben, denn sie können mit Ausstrahlung und
Spielfreude überzeugen und beweisen einmal mehr, dass sie zur Speerspitze des
Heathen Metal gehören.
Nun
herrscht etwas Verwirrung, denn auf einmal stehen schon die Musiker von Endstille
auf der Bühne, obwohl doch ursprünglich Communic angedacht waren…wie dem
auch sei. Es gibt ziemliche Verzögerungen, da es zuerst Ewigkeiten dauert bis
das Backdrop befestigt wird, dann scheint irgendetwas mit dem Schlagzeug nicht
zu stimmen, denn Mayhemic Destructor schüttelt mehrmals ungläubig den Kopf.
Auch die Laune von Gitarrist L.Wachtfels bewegt sich zwischenzeitlich auf den
Nullpunkt zu. Er steht am Bühnenrand und grummelt vor sich hin. Irgendwann sind
die Probleme aber wohl soweit behoben, dass es doch losgehen kann. Die Musiker
nehmen Aufstellung und spielen ein paar Töne, ehe Iblis auf die Bühne stürmt,
da man auch das Tape mit dem Intro nicht an Bord ist. Shit happens.
Die ersten Reihen sind zwar gut gefüllt, aber ich habe doch das Gefühl, dass
einige Fans von dem Tausch noch gar nichts mitbekommen haben, denn vorher waren
definitiv mehr in Endstille-Shirts
gekleidete Metalheads am Start. Die Kieler gehen von Anfang an aggressiv zur
Sache, nachdem Iblis eine Ladung (Kunst-)Blut ins Publikum gespuckt hat, so dass
ein paar Leute leicht gesprenkelt aussehen. Das Package aus „Dominanz“, „I
Bless You…God“ und „Frühlingserwachen“ rumpelt schön vor sich hin, während
Iblis seine Texte hasserfüllt herauskreischt. Die Ansagen nuschelt er aber größtenteils
in seinen nicht vorhandenen Bart, so dass ich nur ein Viertel von dem
mitbekomme, was er sagt. Da an den richtigen Stellen die Ironie heraus zu hören,
ist gar nicht so einfach.
Jeder Song wird begeistert aufgenommen, und in den Pausen strecken sich den
Musikern viele Hände entgegen, die auch abgeklatscht werden. Ein Höhepunkt des
Auftritts ist natürlich „Bastard“. Da
schaffen es sogar einige ihre Haare synchron rotieren zu lassen, was
imposantes Bild abgibt. Bassist Cruor unterstützt den Frontmann in einigen
Passagen stimmlich, so dass der „Refrain“ noch dominanter klingt. „RAF“
und „Navigator“ schließen das Set ab, aus dem die Kieler das Bestmögliche
herausgeholt haben. Die Fans danken es ihnen mit lautem Gejohle. Und das Black
Metaller gar nicht so grimmig sind, beweisen die Herren dann auch noch, in dem
sie sämtliche Gitarren-Plecs, Drumsticks und Setlisten verschenken, die sie
dabei haben.
Setlist: Dominanz – I Bless You…God – Frühlingserwachen – World Abscess – Biblist Burner – Hate – Der Hetzer (Batterie 4) – Your Love Is Infectious – Disillusioned Victory – Bastard – RAF – Navigator
Endlich entern die schon sehnsüchtig erwarteten Norweger die Bühne. Mit „Communications Of Life“ gelingt Communic ein guter Start, besonders die Bassparts fordern sofort Aufmerksamkeit ein. Sänger/Gitarrist Oddleif ist zudem gut bei Stimme und zieht die Anwesenden mit seinem charakteristischen und facettenreichen Gesang in seinen Bann. Zudem versprüht er ungemein viel Spielfreude, so dass es Spaß macht, ihm zuzusehen.
Die gesamte Band ist technisch sehr versiert und gut eingespielt, so dass auch das Zuhören zum Genuss wird. Die Zuschauer danken es ihnen mit viel Applaus. „Under A Luminous Sky“ entpuppt sich als wahres Prog Metal Gewitter: vertrackte Gitarren, präzises Drumming und ein Gesang, der stellenweise extrem dramatisch klingt, gespickt mit ein paar spitzen Schreien. Zwischendurch wagen sich die beiden auch mal an den Bühnenrand, so dass der Auftritt nicht zu statisch wird. Ein klasse Auftritt!
Setlist: Communications Of Life – Frozen Asleep In The Park – Waves Of Visual Decay – Under A Luminous Sky – They Feed On Our Fear – Fooled By The Serpent
Primordial überraschen
ein wenig, denn sie beginnen ihren Auftritt mit “To Enter Pagan...”, das
aber von den zahlreichen die-hard-Primordial Fans begeistert aufgenommen und
mitgegrölt wird. Alans Performance ist heute besonders krass, so habe ich ihn
noch nie erlebt. Seine Gesichtszüge entgleisen ihm fast und teilweise scheint
es fast so, als wolle er sich gleich von der Bühne stürzen. Seine Mitmusiker
bilden unterdessen geschlossen den ruhigen Gegenpol und sorgen für den
richtigen Ton. Tonnenschwere, schleppende Riffs quälen sich aus den Boxen, aber
auch die schnelleren Parts werden konzentriert und locker aus dem Handgelenk
gezockt. Es trauen sich immer mehr Fans, lauthals mitzusingen, was Alan doch das
ein oder andere Lächeln entlockt. „Autumn´s Ablaze“, ein Lied über eine
Frau, obwohl der Frontmann sich da laut eigener Aussage nicht so sicher ist,
wird ebenfalls sehr begeistert aufgenommen. Obwohl die Stücke vom noch
aktuellen Album „The Gathering Wilderness“ ebenfalls positive Reaktionen
ernten, scheinen die älteren Stücke besonderen Anklang zu finden. Vielleicht
auch, weil sie Black Metal-lastiger klingen und geradeheraus ohne größere Schnörkel
dargeboten werden.
Irgendwie
geht die Spielzeit viel zu schnell herum, denn man versinkt nicht nur in der
Musik, man konzentriert sich auch voll auf den Frontmann, der wild über die Bühne
stapft, sich bei manchen Songpassagen voller Inbrunst auf die Knie wirft, seine
Texte durchleidet oder einen auch anfeuert. „Sons Of The Morrigan“ wird
gnadenlos abgefeiert, und das einfach nur geniale „Gods To The Godless“
bildet den Abschluss eines sehr intensiven Auftritts. Schade nur, dass Ciáran
wieder einmal nicht dabei sein kann, von Gary aber mehr als würdig ersetzt
wird. Und zum ersten Mal an diesem Tag wird vehement nach einer Zugabe
gefordert, die aber leider – aus welchen Gründen auch immer – nicht gegeben
werden kann.
Setlist: To Enter Pagan – The Golden Spiral – The Gathering Wilderness – Autumn´s Ablaze – The Burning Season – The Coffin Ships – Sons Of The Morrigan – Gods To The Godless
Ein
letztes Mal Warten, ein letztes Mal wird auf der Bühne umgebaut. Moonspell
betreten während des finsteren Intros die Bühne und legen mit drei Songs
des aktuellen Albums “Memorial” los. Die Portugiesen um Fernando Ribeiro
kennen kein Mitleid, sie spielen schnell und verdammt hart. Dennoch sind auch
hier die Wurzeln nicht zu überhören: ruhige Einsprengsel mit warmem, tiefen
Sprechgesang – aber nur kurzwährend. Bei „Blood Tells“ verschmelzen Einflüsse
aus Gothic Metal Einflüsse und Aggressivität zu einem explosiven Stück
Musik.
Das Tempo wird erst bei „Everything Invaded“ ein wenig gedrosselt. Hier
kommen die Sangeskünste des charismatischen Frontmanns, der sich Lied für Lied
ein bisschen mehr aus seinem Kostüm pult, zum ersten Mal so richtig zur
Geltung. Es ist für ihn eine Leichtigkeit, die cleanen Passagen perfekt
darzubieten, was auch das folgende „Opium“ zu einem absoluten Highlight
macht. Neben und hinter mir wird gemosht, was die Haare hergeben. Viel zu
schnell ist dieses Stück Dark Metal-Geschichte zu Ende. Aber Moonspell
wären nicht Moonspell, wenn sie
nicht noch den ein oder anderen weiteren Hit im Gepäck hätten. Zu „Alma
Mater“ lege auch ich die Kamera aus der Hand. Herrschaftszeiten, ein
wunderbarer Song.
Während des Instrumentals „Proliferation“ haben die Instrumentalisten dann Gelegenheit, sich so richtig auszutoben. Und die lassen sie sich nicht entgehen. Pédro legt die Gitarre aus der Hand und lässt seine Hände über das Keyboard wirbeln, während er nach allen Regeln der Kunst headbangt. Ricardo steht ihm an der zweiten Gitarre in nichts nach. „Vampiria“ darf natürlich auch nicht fehlen, ehe „Fullmoon Madness“ das Ende des regulären Sets einläutet. Einen Headliner, der so eine Energie an den Tag legt, wird natürlich nicht so einfach gehen gelassen. Und so werden Moonspell noch einmal zurück auf die Bühne gebrüllt, um sich noch ein paar Zugaben geben lassen, was die Portugiesen gerne – natürlich nicht ohne sich vorher bei dem tollen Publikum zu bedanken – tun, um nach zwei weiteren Songs eine ausgepowerte Fanschar in die regnerische Nacht zu entlassen.
Setlist: Intro:In Memoriam – Finisterra – Memento Mori – Intro – Blood Tells – Everything Invaded – Opium – Wolfshade – Alma Mater – Proliferation (Instrumental) – Upon The Blood Of Men – Pain – Nocturna – Vampiria – Fullmoon Madness II From Lowering Skies – Capricorn At Her Feet
Alles in allem ist das Winternoise ein nettes und gemütliches Ein-Tages-Festival gewesen. Lediglich die Information über Änderungen könnte noch optimiert werden.