Riger – "Streyf"

Det Germanske Folket/ VÖ: 17. April 2009

Als ich via Web die erste Rohfassung vom neuen Riger-Album „Streyf“ erhielt, dachte ich zuerst, das kann’s ja jetzt nicht gewesen sein, denn ich hörte nur blechernes Geklopfe. Schnell stellte sich heraus, dass dies nur am Equipment meines PCs lag (Standart-PC-Boxen, die zum Beispiel den Klang eines Basses nicht wiedergeben können, höchstens als knackendes Klopfen). Doch als mir kurz darauf die tatsächliche CD-Version vorlag und ich diese das erste Mal in einer ordentlichen Anlage hören konnte (in der tiefe Töne, Bass, Double-Bass etc. richtig wuchtig rüberkommen), war das Album ab diesem Moment Programm. Es war einfach zu gut, um es wieder aus dem CD-Player zu nehmen. Keines der Vorgänger-Alben hatte diese Wirkung gehabt. „Streyf“ ließ mich nicht mehr los. Die Details folgen natürlich sogleich:

„Allbrandopher“ täuscht zuerst mit sanften Akustik-Gitarre-lastigen Klängen an, dazu gesellt sich die Stimme von Frontmann Ingo, zuerst flüsternd, dann immer vorwurfsvoller und lauter, bis es hasserfüllt in den eigentlichen Song umschlägt, der davon handelt, was für ein Volk aus blinden Gefolgsleuten, willigen Opfern und beugsamen Knechten wir alle geworden sind, bzw. davon, dass einige wenige sich nicht beugen lassen werden. Nach ein paar gewaltigen Akkorden begleitet von Ingo’s „Niemals Frieden, weil ihr euch beugt“ rückt sich sofort die Leadgitarre durch absolut mitreißende Dominanz in Form von geilem Riffing in den Vordergrund, sodass es schwer für die anderen Instrumente ist, überhaupt gehört zu werden. Insofern ist es gut, dass zwischen den schnelleren Parts ab und zu gemäßigtere, sehr melodische Brücken geschlagen werden, auch wenn diese nicht immer erholsam sind (und auch nicht sein sollen). So hört man zum Beispiel im Hintergrund das Schreien von Frauen in Flammen. In diesem Song wird auch schon’mal die ganze Palette von Ingos Stimmebreite vorgestellt, von tiefem Grunzen, bis zu fast geschrienem Kreischen, über zurückhaltendes Flüstern und leidenschaftlichem Dahinsingen ist alles dabei.
Bereits der erste Song von „Streyf“ hat einen so starken, live-tauglichen hymnenhaften Mitsing-Charakter hat, als Opener ist er also mehr als geeignet.

Der nächste Track „Ehr’ im Sieg, Ehr’ im Fallen“ ist ein sehr schnelles, treibendes Stück mit jagenden Gitarren- und Basslinien und kratzigem Gesang, der aufgrund seines einfach gehaltenen Textes (den man nicht erläutern muss, da der Titel bereits alles sagt), den man sofort mitsingen kann, sicher (vor allem bei männlichen Fans) das Potential zum Favouriten bei Live-Gigs hat. Auch ist er in gewissem Sinne eine Homage an die „Todesschwadron Ost“ (heutzutage bestehend aus einigen Mitgliedern von Bands wie Riger, Vrankenvorde, Minas Morgul etc). Im Refrain sind mehrere Stimmen übereinander gelegt, so dass es am Ende wie ein Chor klingt. Um das zu erreichen, hat Ingo drei Spuren mit unterschiedlichen Klangfarben eingesungen, und auch andere Mitglieder von Riger mussten hierzu ihren stimmlichen Beitrag leisten, genau wie ein Mitglied der Münchner „Helion“-Studios (wo das Ganze aufgenommen wurde). Das Resultat kann sich hören lassen. Mir als Frau ist der Song insgesamt zu reißerisch, aber wie gesagt denke ich, dass die männlichen Fans gerade auf so was abfahren und ich höre imaginär schon die Fan-Scharen bei den Live-Gigs so laut mitgrölen, dass sie die Band übertönen ...

Wie gerade erwähnt, wurde „Streyf“ in den Helion-Studios aufgenommen, insofern muss man sicher nicht mehr dazusagen, dass die CD qualitätsmäßig Spitzenklasse ist. Alle Instrumente sind sauber voneinander abgetrennt und gehen voll in ihrem ureigenen Klang auf. Man kann ohne Qualitätsverlust richtig laut aufdrehen. Allerdings wurde darauf geachtet, nicht durch zu viel Nachbearbeitung oder falsche Effekte irgendwas kaputtzumachen. Ein gut platziertes Sample hier oder da (wie das Frauenschreien), mal etwas Hall oder Delay an der richtigen Stelle... okay. Aber auf Pitching oder sonstiges, was die „Natur der Dinge“, speziell des Gesangs verändert, wurde verzichtet. 

Ingo im Helion-Studio bei den Aufnahmen zu "Streyf":

„Nachtmahr“ ist schnelles Stück mit temporeichen, manchmal sehr mitreißenden Gitarrenriffs, welches lyrisch als direkter Vorläufer des gleich folgenden „Hinter Mauern aus Stein“ gesehen werden kann, bzw. als etwas "ruhigere" Einstimmung auf dieses. „Hinter Mauern aus Stein“ selbst ist ein aggressiveres Stück, geprägt durch gepressten, wütend-giftigen Gesang und unruhiges, quirliges Riffing bzw. im Mittelteil extravagantes Drumming mit einzelnen Akzenten auf den Cymbals. Dieser Song lebt aber vor allem durch die Lyrics. Auf sehr intelligente Weise (was beim Dichten in deutscher Sprache ja nicht immer ganz so einfach ist) wurde hier ein anti-christlicher Text verfasst, der ohne abwertende Schlag-oder Schimpfwörter auskommt und seine Anklage gegen die Kirche allein durch die versinnbildlichte Aufzählung von Fakten oder durch gestellte Fragen erhebt („Können Hände mauern Götter hinter Stein? Können Götter anders als in der Weite sein?“). 

„Metall“ heisst das nächste Lied und ich hatte schon befürchtet, dass der Song spröde, bzw. gleichsam dem Edelstoff vor allem hart und abweisend sein würde. Doch sofort zu Beginn wird dem Hörer klar, dass es zwar lyrisch um symbolisierte Härte dieser Art geht, aber musikalisch ist das Stück überraschend virtuos. Das Intro hat stark heidnisch-assoziierte Anwandlungen in der Melodieführung durch die Gitarre, und der Rest des Songs ist überaus abwechslungsreich gehalten und lässt musikalisch kein Experiment aus. Wie bereits bei vorherigen Songs schieben sich stellenweise saubere, wohlklingende Gitarrenvariationen selbstbewusst in den Vordergrund.

Ich denke, bei „Geliebte Wut“ werden sich alle Hörer einig sein, dass das Stück zum einen natürlich unwahrscheinlich schön ist, zum anderen Riger-untypisch und somit wirklich überraschend. Es ist ein melodisches, anrührendes Stück, in welchem Ingos Flüstergesang nur von einer Akustikgitarre begleitet wird. Man darf dahinsinken. Lyrisch setzt man sich mit der Wut (die sich mit der Zeit veränderte) und somit mit der Vergangenheit auseinander bzw. fragt sich, ob man sich zufrieden gibt mit der Gegenwart und dem eigenen Verhalten, wie es jetzt ist. Aber gern darf hier jeder Hörer hineininterpretieren, was eher seinem Gefühl entspricht. Die Fragen, die sich nur jeder selbst beantworten kann, bleiben die gleichen...

„Gier“ entspricht schon wieder eher dem typischen Riger-Stil (der sich schon auf vergangenen Alben findet) und gnadenlos mit allen abrechnet, die (auf welche Weise auch immer) unehrenhaft sind. Lyrisch mal wieder äußerst brilliant gelöst, wird in scharfen Reimen mit allen gierigen Menschen abgerechnet, denen Geld und falscher Glanz wichtiger sind, als wirklich ehrenhaftes Verhalten. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass diejenigen, von denen der Song handelt, es je zugeben würden, dass sie sich darin wiedererkannt haben... 

Klang des Feuers, akustische Gitarre, beschwörendes Geflüster von Ingo... das Intro zu „Stammesbaum“... einer jener Tracks, deren ersten, ruhigen Klängen man nicht trauen darf, da es alsbald zu einer Explosion der Emotionen und der Aggressionen kommt. Beißende Worte, emotionalster Gesang, tragende Riffs, solides Drumming... ein (im Gegensatz zu den anderen Kompositionen) kurzes, prägnantes Stück, das dafür umso mehr an Hingabe offeriert. In den Zwischenstücken werden einigen der angesprochenen Gefühlsebenen im melancholischen Spiel der Akustikgitarre Ausdruck verliehen, ansonsten ist der Song wirklich harter Tobak, der sich tief in’s Gedächtnis gräbt. Ein fesselndes Stück der Sonderklasse!

Nun, ich will ja nicht wirklich JEDES Lied des Albums auseinandernehmen, deshalb sage ich zu „Wenn das Licht uns nimmt“ nur soviel: wer zuerst den Track des Albums mit den allergeilsten, heavy Gitarrenriffs hören möchte, sollte sich zuerst diesen Song zu Gemüte führen... auf dass euch die Ohren bluten! 
Und zu „Zweites Gesicht“ möchte ich nur soviel sagen: Nehmt euch 10 Minuten Zeit, um über die Lyrics nachzudenken und erkennt euch selbst!

Der letzte Song des Albums ist der Titelsong „Streyf“, der gleichzeitig auch ein Highlight des Albums darstellt. Das voll auskomponierte Stück beginnt mit wunderschönen Gitarrenklängen, a capella. Ein Gewitterregen mischt sich unter und tränkt die Sinne in Melancholie, bevor Gitarrenwände und ein wuchtiges Schlagzeug den Hauptteil des Songs einleiten, der alsbald durch alles niederschmetterndes Growling von Ingo ergänzt wird. „Streyf“ ist eines der treibendsten, ansteckendsten Stücke des Albums und ist somit als finaler Song hervorragend platziert. Hat natürlich auch die Wirkung, dass man nicht loskommt vom Album und immer wieder die „Repeat“-Taste betätigt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Riger allen Möchtegern-Pagan-Bands gezeigt haben, wo der Hammer hängt und was Qualität wirklich bedeutet (in jeder Hinsicht). Besonders der Erwähnung würdig sind die Lyrics, die aus der sonst oft vorhandenen flachen Ausdrucksweise der „Szene“ herausstechen. Auch das Booklet ist Riger-typisch mit schöner, alter Schrift verziert und das Artwork des Covers/Booklets stammt von Frontmann Ingo selbst.
Insgesamt setzt „Streyf“ sich nach oben hin deutlich von den meisten anderen Alben des Genres ab, vor allem durch seine Ernsthaftigkeit. Ich bräuchte euch das Album eigentlich gar nicht empfehlen, denn es wird mit Sicherheit ein Selbstläufer. Qualität wurde letzten Endes immer erkannt, und so wird es hier auch sein.  

Anspieltip „Streyf“                                                                                              10 von 10 Punkten

Review von Twilightheart

P.S. Es wird eine limitierte A5-Digi-Version des Albums geben und es soll bereits ab Mitte März über Ureuropa oder die Band zu bestellen sein. Mehr dazu auf  www.myspace.com/rigerofficial !

Riger live in München:

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