Bavarian Battle 2010

Rosenheim, 16. Januar 2010

(Bericht: Twilightheart)

Das erste kleine Festival des Jahres 2010, das „Bavarian Battle“, wird mir wohl als das relaxteste seit langer Zeit in Erinnerung bleiben. Trotz 380 zahlenden Gästen (plus 90 anderen, d.h. Bandmitglieder, Gäste etc.) und folglich einer Location, die aus allen Nähten platzte, und ständigen Ausfällen der PA, harmonierten die Bands und die Fans einfach miteinander und die Stimmung war so angenehm wie ich es lange nicht mehr erlebt habe.
Die Wegbeschreibung vom Bahnhof zum „Lokschuppen“ in Rosenheim war mal wieder nix wert... Umweg durch die Einkaufsmeile der Stadt inklusive. Doch selbst das hatte sein Gutes. Denn einige von weiter her angereiste Besucher hatten ebenfalls Probleme hinzufinden. Und so kam es, dass zufälligerweise alle zusammen in einem öffentlichen Park landeten, wo einer der Jungs gleich mal eine Feuerspuck-Show zum besten gab, die allen anderen gute Unterhaltung bot. Die Passanten, die gerade vorbeiliefen, staunten nicht schlecht, dass es in ihrem kleinen Stadtpark so was gibt.

Als wir den Club endlich gefunden hatten, standen bereits 1 Stunde vor Beginn mehrere hundert Leute vorm Eingang. Doch das hatte seinen guten Grund. Schließlich sollte es von 17 bis 18 Uhr eine Happy Hour geben: Getränke zum halben Preis. Dies war eine der erwähnenswerten guten Ideen des Veranstalters. Die Happy Hour wurde auch gleich noch um eine viertel Stunde verlängert, da sich der Einlass etwas hinzog (mit so einem Ansturm hatte der Veranstalter nicht gerechnet, wie er später mehrmals betonte). Ein weiteres Schmankerl war der Fragebogen, den man zum Festival ausfüllen konnte. Unter allen Teilnehmern wurden später 2 ausgelost, die jeweils 2 Karten für das demnächst anstehende Konzert von Hypocrisy gewannen. Nette Idee.

Grüße an dieser Stelle an Verena & Anhang, die mal wirklich angenehme 1.Reihe-Nachbarn waren:


Hier auf eigenen Wunsch auch die MySpace-Adresse: myspace.com/poruno ;-)

Doch zum Festival!
Bereits 10 Minuten vor dem offiziellen Beginn betraten um 17:50 Uhr „Waldgeflüster“ die Bühne. Eigentlich ist es das Projekt von Frontmann „Winterherz“, aber für die Live-Gigs braucht man natürlich Musiker. Für einige von ihnen (z.B. für den Schlagzeuger) sollte es der erste Gig mit der Band sein, insofern blieb zu hoffen, dass der Auftritt nicht als „Übungsmöglichkeit“ dienen würde, sondern qualitätsmäßig trotzdem gut sein würde, denn „Waldgeflüster“ waren für mich der Hauptgrund, zu diesem Festival zu fahren. Ihr Debüt „Herbstklagen“ gehört nämlich zu einem meiner absoluten Favoriten aller Neuerscheinungen des letzten Jahres.

Frontmann „Winterherz“, seines Zeichens von beeindruckender Statur, betrat die Bühne zu den Klängen des Intros, die natürlich von Band kamen. Ohne Pause setzten sodann die ersten Takte zu „Herbst befiel das Land“ ein. Wer den Song kennt, weiß, wie gewaltig der Anfang des Songs ist, und wie entscheidend es live für die Stimmung des Liedes ist, dass es wirklich so brachial und perfekt getimt rüberkommt wie auf dem Album. Der Song beginnt mit den Worten des Titels „Herbst befiel das Land“, welche quasi a capella rausgeschrieen werden. Und erst mit dem Wort „Land“ setzen alle Instrumente gleichzeitig ein. Wenn das fehlerfrei klappt, klingt es grandios. Und was soll ich sagen... bei diesem Gig gelang es perfekt. Was für ein Auftakt! Mir schwante schon, dass die Band es also live genauso draufhat wie auf CD und dass der Gig wohl großartig werden würde. Wurde er auch. Voller ungestümer Inbrunst sang Winterherz die ergreifenden Lyrics seines Masterpieces und die anderen Musiker spielten leidenschaftlich und beherzt. Vor allem der Drummer war beeindruckend präzise. Nach dem ungestümen „Herbst befiel das Land“ folgte „Wolfsgeheul“, welches zugegebenermaßen nicht zu meinen Lieblingsstücken gehört. Schon besser gefiel mir da der darauffolgende neue Song „Der Nebel“. Stilistisch war dieser genauso packend wie die Stücke vom „Herbstklagen“-Album. Leider schlug genau hier der Technik-Teufel zu. Bisher war der Sound 1A gewesen. Doch nachdem zuerst das Mikro des Sängers ausgefallen war und ausgetauscht wurde, fiel der Strom in einem Teil der Halle plötzlich komplett aus, was die PA einschloss. Es gingen also einige Lampen aus (wahrscheinlich waren das die Notlichter, die noch brannten, keine Ahnung) und kein Ton kam aus den Boxen. Auch später bei fast allen anderen Bands gab es Verzögerungen durch Totalausfälle, denn die Technik überhitzte sich regelmäßig und streikte dann. Doch wie bereits angedeutet, war das gesamte anwesende Publikum an diesem Abend relaxt. Somit kam keiner auf die Idee, zu quengeln. Vielmehr nahm man es mit Humor, obwohl es bei „Waldgeflüster“ viele Minuten dauerte, bis der Strom wieder da war. Winterherz lief schmunzelnd aber mit stolz geschwellter Brust über die Bühne und die Musiker, als sie merkten, dass es länger dauern würde, begannen, hier und da kurz was anzuspielen, um die Fans zu unterhalten. Diese honorierten jeden Ton mit Applaus.

Und als es dann endlich weiterging, war ich froh, dass die Band die verlorene Zeit hinten dran hängen durfte. Denn gerade der letzte Song des Sets, „Wotan sang“ gehört zu den ergreifendsten und schönsten des Albums und es wäre unglaublich schade gewesen, wenn gerade dieser hätte gekürzt werden müssen. Noch ein letztes Mal breitete sich der Zauber Waldgeflüsters über den Anwesenden aus, bevor der Gig sein Ende fand. Und obwohl er so kurz war, war er so intensiv, dass er mir lange im Gedächtnis bleiben wird. Was neben der edlen Erinnerung bleibt, ist die Vorfreude auf das kommende Album und die Hoffnung, in den Genuss weiterer Auftritte dieser Band zu kommen.

Nach soviel Ernsthaftigkeit, wurde es mit den Münchner Thrashern von „Pequod“ etwas lockerer. Seit die Band einen neuen Frontmann hat, habe ich Gefallen daran gefunden, sie live zu sehen. Für die Musik habe ich zwar nicht wirklich ein Faible, aber Pequod sind auf der Bühne so erfrischend und agil, dass es einfach Spaß macht, das zu erleben. Während man bei „Waldgeflüster“ nicht gerade durchweg headbangen konnte, bot sich das Geknüppel von Pequod natürlich geradezu an, das jetzt nachzuholen. Da eh viele Death-/Thrash-Fans anwesend waren (wahrscheinlich nicht zuletzt wegen Hackneyed, die zu den Headlinern gehörten) bildete sich auch gleich mal eine kleine Wall of death und das Schubsen begann. Frontsau Roland kündigte gleich zu Beginn an „Solange die PA hält, gibt’s jetzt auf die Fresse“. Sodann grölte er sich energiegeladen durch das Set, und die anderen Musiker ackerten, bis auch der letzte Schweißtropfen seinen Weg durch die Haut auf die Bühne fand. Gespielt wurden vorwiegend neuere Songs, unter anderem "Tragedy", "Sickness", "To Depart", "My Redemption", "Forgotten" und "Hunters Tale".
Obwohl der Klang bei diesem Gig eigentlich super war, gab es ab und an was zu meckern für die Band. Dies wurde allerdings jedes Mal sehr humorvoll rübergebracht. Als z.B. zuviel Hall auf dem Mikro lag, wiederholte Roland sein „Hall ’n bisschen runter“ drei mal und ließ es nachklingen, dabei spitzbübisch grinsend.
Was an den Fußpedalen des Schlagzeugs anders war als bei anderen Instrumenten, wäre auch mal interessant zu wissen gewesen, denn nicht nur Pequods Drummer saß in Socken am Drumset, sondern auch die meisten Trommler der anderen Bands.
Zwischen all den wilden Stücken machte Roland sich bei einem der letzten Songs den Spaß, ihn als „Ballade“ bzw. „Doom-Song für Verliebte“ anzukündigen. Allerdings war der Track wohl nur ein wenig tiefer als die anderen. Für eine weitere Wall of death reichte es allemal.
Das schlechte Benehmen Rolands, welches er schon bei seiner anderen Band „Festering Saliva“ öfters mal an den Tag legt, hält nun langsam auch bei Pequod Einzug. So ist keiner seiner Mitmusiker vor ihm sicher. Besonders gerne fällt er sie überraschend von hinten an. Aber während es bei Festering Saliva schon zu Szenen gekommen ist, bei denen man dachte, jetzt penetriert er den Gitarristen, hält er sich bei Pequod (noch?) zurück und begnügt sich mit Griffen in die hinteren Weichteile, was für seine Begriffe also noch recht harmlos ist. ;-)
Nach viel zu kurzer Zeit war auch die Pequod-Thrash-Party schon wieder vorbei.

Der Veranstalter kam nun kurz auf die Bühne und bedankte sich für bis dahin immerhin schon 300 zahlende Gäste.

Weiter ging es mit „Ars Irae“, die bei diesem Gig quasi die Release-Party für ihr neues Album gaben. Auch sie hatten mit Problemen mit der Technik zu kämpfen, schafften es aber trotzdem, das Publikum mit ihrer Musik auf ihre Seite zu ziehen. Nun, sie hatten ja auch einen kleinen Heimvorteil, da sie aus Rosenheim kommen. Neben (natürlich) Songs vom neuen Album schafften es noch einige alte Gassenhauer in die Setliste. So waren unter anderem auf jeden Fall "Elysium" und als Zugabe "Ignis Fatuus" dabei.
Ars Irae konnten sich sowohl bei den alten als auch bei den neuen Songs darauf verlassen, dass ihre eingefleischten Fans ihnen Tribut zollen. Mit dem fantastischen Gig, den sie letztens in Puchheim absolviert haben, konnten sie an diesem Abend zwar nicht mithalten, aber ein solider Gig war es allemal. Sie konnten die Stimmung unter den Fans spielend oben halten und bekamen folglich auch den verdienten Applaus.

Auch für "Helfahrt" war es nicht besonders schwierig, die Anwesenden mit ihrem musikalischen Können zu überzeugen. Selbst bei den ganz neuen Songs, die mir bis dato unbekannt waren, gingen die Fans ordentlich ab. Dass die Mannen um Sänger Max sich auf der Bühne auch richtig verausgaben, dürfte sich bereits rumgesprochen haben. Der Auftritt beim „Bavarian Battle“ bildete da keine Ausnahme. Hingebungsvoll wurden die neuen Songs sowie viele ältere zum besten gegeben, nämlich zum Beispiel „Die Erde birgt den Tod“, „Auf Nagelfars Deck“ oder „Luznacht". Fürs Finale musste das leidenschaftliche „Sturmgewalt“ herhalten, welches intensiv und überzeugend rüberkam. Die zahlreichen Zugaberufe waren also verdient, konnten aber aufgrund des eh schon überzogenen Zeitplans nicht mehr erhört werden.

Der erste Vergleich, der mir einfiel, als ich „Hackneyed“ dort in Rosenheim das erste Mal live sah, war „Die wilden Kerle“. Erstens natürlich wegen ihrer Jungend, zum zweiten wegen dem, was sie rauskehren, sobald sie live loslegen. Als DIE Death- Sensation unter den Newcomern werden sie ja eh schon gehandelt. Zwar gibt es sie nun doch schon seit ein paar (wenn auch wenigen) Jahren, trotzdem meint man im ersten Moment, dass sie immer noch so dermaßen jung sind, dass man es doch nicht verantworten könne, so junges Gemüse spätabends auf die Bühne zu lassen. Als der Schlagzeuger vorm Gig zum Line-Check auf die Bühne kam, hörte man im Publikum (selbst von den jüngeren Besuchern) Kommentare in Richtung „Der hat bestimmt noch nicht mal Haare am...“, die der Drummer auch mitbekam. Umso witziger war es dann natürlich, wie allen Sprücheklopfern das Maul gestopft wurde, als die Jungspunde zu spielen begannen. Spielen ist eigentlich nicht das richtige Wort. „Toben“ oder „wüten“ trifft es eher. Die Kleinen reißen ja wirklich alles raus. Wie ein Orkan fegten sie über die Bühne. Kniffliges Zeug wurde in einem Affentempo runtergerasselt und der Frontjunge (bzw. FrontMANN, wenn man nach dem offensichtlich bereits überstandenen Ende des Stimmbruchs geht) röhrte wie ein „Alter“. Und besagter Drummer wütete wie ein Tier hinter seiner Schießbude. Da war absolut nix mit „auf die Instrumente konzentrieren“ oder rumstehen. Die schüttelten ihren Gig mit so einer Leichtigkeit aus dem Ärmel und waren dabei noch wild am rumspringen und headbangen, dass man wirklich nur noch staunen konnte.

Fans:

Doch auch Hackneyed wurden nicht von Problemen mit der Technik verschont. Nach dem ersten Song wurden sie vom Tontechniker erst mal komplett gestoppt. Dafür hauten sie später, als alles wieder funktionierte, umso mehr auf die Pauke. Sie schafften es, dass die ersten Fans sich im crowdsurfen versuchten (soweit das möglich war, die meisten wurden nach einem Meter direkt wieder unsanft auf den Boden befördert) und es sprangen auch vereinzelte Fans im Shirt der Band auf die Bühne, um mit dem Sänger zusammen zu moshen. Der obligatorische Rempel-Pit blieb auch nicht aus und selbst der Veranstalter war hin und weg von der Band und headbangte exzessiv. Man kann also sagen, Hackneyed haben dem Ruf, der ihnen vorauseilt, alle Ehre gemacht und den „Lokschuppen“ ordentlich aufgemischt. 

Die Spitze von 380 zahlenden Gästen war bei Hackneyed erreicht gewesen. Als "Negura Bunget" mit dem Umbau der Bühne begannen, leerte sich die Halle zunehmend. Es blieben ca. 200 Mann da. Ob Vorahnung oder nicht, die, die gegangen waren, haben vielleicht tatsächlich gut daran getan, denn der Gig von den Rumänen war soundtechnisch durchweg ein Desaster. Man muss der Band (neben den vielen Besetzungswechseln) allerdings zugute halten, dass sie nicht genügend Zeit hatten, alles so herzurichten und zu stimmen, wie sie es sonst vielleicht gewohnt sind, denn die Zeit drängte enorm. Vor allem der Keyboarderin sah man die Unzufriedenheit so extrem an, dass schon Kommentare wie „zufrieden sieht anders aus“ unter den Zuschauern laut wurden. Die Band zog mit ihrem reichen Musikschatz dann trotzdem eisern ihren Gig durch. Während die Passagen, an denen die Musik wirklich nur Metal ist, soundtechnisch katastrophal waren, konnte man hingegen die Stücke genießen, an denen ausschließlich oder dominierend die ursprünglichen Instrumente zum Einsatz kamen. Zum Beispiel der Klang dieses Holzbretts, welches Negura Bunget zum Instrument umfunktioniert haben, ändert sich auch bei unzureichender Technik nicht, sondern klingt eben wie Holz. Die ganzen ruhigen Stücke, die auf Melodien von Panflöten, Blasrohren oder den vielen verschiedenen hölzernen Klanginstrumenten basieren, kamen also durchaus angenehm und faszinierend rüber. Vielleicht passte es an diesem Abend auch einfach nicht, eine solche Band nach einem Reißer wie Hackneyed spielen zu lassen, da der Gegensatz evtl. doch zu groß ist. Für Negura Bunget muss man Zeit haben, um sich der Vielfältigkeit der Musik hingeben zu können. Auch hat man den Eindruck, dass man sie prinzipiell bei allen Festivals als letzte Band des Abends spielen lässt, wenn die Müdigkeit bei vielen bereits zuschlägt. Das ist dem Genuss von langsamen Stücken, die mit wenigen unaufdringlichen Instrumenten auskommen, vielleicht auch nicht gerade zuträglich. 
Trotz allem ist die Band natürlich hochgradig interessant. Nicht nur wegen der anwechslungsreichen, unkonventionellen Musik, sondern auch visuell. Einige Mitglieder sind bis zu den Zehenspitzen in volkstümliche Kleidung ihrer Heimat gehüllt und selbst der Gitarrengurt ist aus echtem Leder mit traditionellen Verzierungen.
Obwohl es an diesem Abend mit dem Sound nicht so hingehauen hat und der Genuss dadurch etwas auf der Strecke blieb, waren Negura Bunget etwas Besonderes. Die Tour wurde abgesagt, aber diesen Gig haben sie trotzdem gespielt. Man weiß also nicht, ob es in der Gegend nicht vielleicht für einige Zeit die letzte Gelegenheit war, die Band in dieser Besetzung live zu erleben.

Obwohl wie gesagt der Übergang von Hackneyed zu Negura Bunget an diesem Festivalabend zu schwer verdaulich war, war die Idee, Bands dieser Stile zu mixen, trotzdem lobenswert. Zumindest sorgte die Bandauswahl für die Abgrenzung vom sonstigen Einheitsbrei und hat viele Leute gezogen. Das gibt natürlich Auftrieb für das nächste „Bavarian Battle“. Das diesjährige Event hatte einfach das gewisse Etwas. Die positive Stimmung sowohl bei den Metalheads als auch bei den meisten Bands, die Sonderaktionen des Veranstalters und die zumeist geilen Auftritte haben das Event zu einem gelungenen Ereignis gemacht.

Hier noch Fotos von der Verlosung der Konzerttickets:

 

Links zu allen Fotos der Bands:

Ars Irae
Hackneyed
Helfahrt
Negura Bunget
Pequod
Waldgeflüster

 

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